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Einmal nach vorne beugen und husten, bitte!
Posted by Tim E.
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Donnerstag, März 13, 2008
Dumpfes Grollen in der Nacht.
Von Zeit zu Zeit ein heller Lichtblitz in der Ferne.
Kleine Stahlfässer, kaum einen Daumennagel groß speien Feuer und schleudern ihren Inhalt, unterlegt von einem lauten Knall, mit irrsinniger Geschwindigkeit gegen ihr Ziel.
Mal Kopf, mal Hand, Knie, Arm, Bauch oder auch nur Gras oder ein Baum.
Kommen die Herrscher über Feuer nicht zu Fuß voran, wird die Luftuntersützung den Sieg bringen. Oder die Macht zu Wasser.
Der Krieg ist kein Märchen, er existiert. Und im Krieg sterben Menschen. Doch was tut das Land, hat es keine Krieger, kurz Soldaten genannt, auch wenn das Wort länger ist, mehr?
Die Auswahl an jungen Männern ist groß, die Wahl fällt den Offizieren und Generälen nicht schwer: "Einmal nach vorne beugen und husten, bitte!"
Dieser Satz ist wohl jedem Knappen und Verpflichteten des Vaterlandes auf Leben und Tod bekannt. Auch mir.
Heute um 10:30 war meine Musterung zum Wehrdienst, den ich verpflichtend zu leisten habe, zumindest theoretisch.
Die Ausweichsiuation: Zivildienst, die Mögichkeit, als Spatensoldat zu arbeiten. Der Zivildienst ist länger als der Wehrdienst, doch soll sie dem recht sein, wer sich vor dem Einsatz als Kämpfer für das Vaterland scheut.
Doch nicht so ich!
Todesmutig und auch ein wenig bescheurt in der Birne da am Vorabend gesoffen und anschließend viel zu wenig geschlafen schreite ich auf die Musterungsanstalt in Aurich zu.
Im Gepäck? Ein Block, ne handvoll Stifte, Radiergummi, mein Sambuca vom Vorabend, Handy, Kopfhörer, 2 Milchschnitten und so ein Gedöns wie Schulbescheinigung, Schwimmschein, Personalausweis.
Die Menschen an der Rezeption erscheinen nett, richtig unheimlich ist es, wie sie aus ihren Uniformen heraus lächeln und grinsen... doch dies spricht nur für die Heiterkeit, die man als angehender Soldat erlangen wird!
"Ja bitte.... Moment... Personalaus.... Danke... Hier.... Stempel.... Da hin...." - man kann sich das Gespräch gut vorstellen.
Füßebaumelnd saß ich etwa eine Vertelstunde auf einem Stühlchen und las kleine Zeitschriften über das tolle Leben im Heer, als ein großer, dicker, fetter Hobbit/Herr mich in seinen raum schleppte. Nett erschein er mir nicht, wollte Zettel über Zettel sehen, fragte nach Dingen wie "Erste Musterung?" und "Leistungskurse?" (was mich völlig aus dem Konzept warf), doch schießlich entließ er mich in die Umkleidekabine...
Der Anblick, der sich mir bot, war von einer anderen Welt. Noch nie hatte ich so viele Jugendliche mit gesenkten Köpfen, mit den Füßen auf dem Boden scharrend herumlungern sehen - außer in Filmen wie "Schindlers Liste", allerdings waren diese alle zum Tode verurteilt.
Pullover weg, Schuhe aus, Hose aus, 'Shorts' an, Schuhe an und in die Menge geblickt - ich fühlte mich bereit für meine Musterung.
Dass ich dann eine halbe Stunde herumsaß und auch mit den Füßen den Boden zerscharrte, muss ich meiner Meinung nicht extra erwähnen...
Die Erlösung kam von einer Frau in weiß, die mir klarzumachen versuchte, dass der Plastikbecher, den sie mir hinhielt, mit meinem eigenen Urin NICHT bis zum Rand zu füllen sei. Ich könnte mir schönere Rettungsaugenblicke vorstellen können, aber mir war es egal. Mit dem Druck des Saufgelages vom Vorabend schaffte ich es tatsächlich wider ihrer Anweisung, den Becher randvoll zu hinterlassen und stapfte, 2 Kilogramm leichter, in den Umkleideraum, der auch als Wartezimmer diente, zurück.
Und dann kam der Moment der Wahrheit. Wieder holte mich die Frau ab, diesmal grimmig dreinschauend und stellte mich vor den Arzt, der mich auf meine entgültige Tauglichkeit zu prüfen gedachte.
"Einmal nach vorne beugen und husten, bitte!"
Ich tat, wie mir geheißen
"Entkleiden!"
-Jawoll-
"Tief ein- und ausatmen!"
Ich sog meine Lungen mit der fein nach Sterilium riechenden Luft voll, kein Rasseln war zu hören, von den leichten Asthmabeschwerden, die ich normalerweise habe, war nichts zu hören.
"Danke. Anziehen! Wir haben hier -insertFachchinesischHier- blabla Bronchitis. Ich breche an dieser Stelle die Untersuchung ab!!"
Ja! Ich hatte mit meinen überragenden Fähigkeiten den Arzt verblüfft. Er musste mich nicht weiter untersuchen, kam schnell zum Schluss. So einen Fall hätte er noch nie gesehen, sagte er. Und dann gab er mir den Zettel. Auf ihm steht:
T 5 nicht wehrdienstfähig
Das Grollen zieht sich zurück.
Eine betäubende Stille tritt ein, bis auch der lauteste Knall vollständig verschwunden ist.
Es wird hell.
Keine Lichtblitze sind mehr zu erkennen.
Ich schreite einen grünen Pfad entlang, meine Verpflegung aufbrauchend. Die Vögel zwitschern und kündigen den Frühling an.
Das Leben ist schön.
Von Zeit zu Zeit ein heller Lichtblitz in der Ferne.
Kleine Stahlfässer, kaum einen Daumennagel groß speien Feuer und schleudern ihren Inhalt, unterlegt von einem lauten Knall, mit irrsinniger Geschwindigkeit gegen ihr Ziel.
Mal Kopf, mal Hand, Knie, Arm, Bauch oder auch nur Gras oder ein Baum.
Kommen die Herrscher über Feuer nicht zu Fuß voran, wird die Luftuntersützung den Sieg bringen. Oder die Macht zu Wasser.
Der Krieg ist kein Märchen, er existiert. Und im Krieg sterben Menschen. Doch was tut das Land, hat es keine Krieger, kurz Soldaten genannt, auch wenn das Wort länger ist, mehr?
Die Auswahl an jungen Männern ist groß, die Wahl fällt den Offizieren und Generälen nicht schwer: "Einmal nach vorne beugen und husten, bitte!"
Dieser Satz ist wohl jedem Knappen und Verpflichteten des Vaterlandes auf Leben und Tod bekannt. Auch mir.
Heute um 10:30 war meine Musterung zum Wehrdienst, den ich verpflichtend zu leisten habe, zumindest theoretisch.
Die Ausweichsiuation: Zivildienst, die Mögichkeit, als Spatensoldat zu arbeiten. Der Zivildienst ist länger als der Wehrdienst, doch soll sie dem recht sein, wer sich vor dem Einsatz als Kämpfer für das Vaterland scheut.
Doch nicht so ich!
Todesmutig und auch ein wenig bescheurt in der Birne da am Vorabend gesoffen und anschließend viel zu wenig geschlafen schreite ich auf die Musterungsanstalt in Aurich zu.
Im Gepäck? Ein Block, ne handvoll Stifte, Radiergummi, mein Sambuca vom Vorabend, Handy, Kopfhörer, 2 Milchschnitten und so ein Gedöns wie Schulbescheinigung, Schwimmschein, Personalausweis.
Die Menschen an der Rezeption erscheinen nett, richtig unheimlich ist es, wie sie aus ihren Uniformen heraus lächeln und grinsen... doch dies spricht nur für die Heiterkeit, die man als angehender Soldat erlangen wird!
"Ja bitte.... Moment... Personalaus.... Danke... Hier.... Stempel.... Da hin...." - man kann sich das Gespräch gut vorstellen.
Füßebaumelnd saß ich etwa eine Vertelstunde auf einem Stühlchen und las kleine Zeitschriften über das tolle Leben im Heer, als ein großer, dicker, fetter Hobbit/Herr mich in seinen raum schleppte. Nett erschein er mir nicht, wollte Zettel über Zettel sehen, fragte nach Dingen wie "Erste Musterung?" und "Leistungskurse?" (was mich völlig aus dem Konzept warf), doch schießlich entließ er mich in die Umkleidekabine...
Der Anblick, der sich mir bot, war von einer anderen Welt. Noch nie hatte ich so viele Jugendliche mit gesenkten Köpfen, mit den Füßen auf dem Boden scharrend herumlungern sehen - außer in Filmen wie "Schindlers Liste", allerdings waren diese alle zum Tode verurteilt.
Pullover weg, Schuhe aus, Hose aus, 'Shorts' an, Schuhe an und in die Menge geblickt - ich fühlte mich bereit für meine Musterung.
Dass ich dann eine halbe Stunde herumsaß und auch mit den Füßen den Boden zerscharrte, muss ich meiner Meinung nicht extra erwähnen...
Die Erlösung kam von einer Frau in weiß, die mir klarzumachen versuchte, dass der Plastikbecher, den sie mir hinhielt, mit meinem eigenen Urin NICHT bis zum Rand zu füllen sei. Ich könnte mir schönere Rettungsaugenblicke vorstellen können, aber mir war es egal. Mit dem Druck des Saufgelages vom Vorabend schaffte ich es tatsächlich wider ihrer Anweisung, den Becher randvoll zu hinterlassen und stapfte, 2 Kilogramm leichter, in den Umkleideraum, der auch als Wartezimmer diente, zurück.
Und dann kam der Moment der Wahrheit. Wieder holte mich die Frau ab, diesmal grimmig dreinschauend und stellte mich vor den Arzt, der mich auf meine entgültige Tauglichkeit zu prüfen gedachte.
"Einmal nach vorne beugen und husten, bitte!"
Ich tat, wie mir geheißen
"Entkleiden!"
-Jawoll-
"Tief ein- und ausatmen!"
Ich sog meine Lungen mit der fein nach Sterilium riechenden Luft voll, kein Rasseln war zu hören, von den leichten Asthmabeschwerden, die ich normalerweise habe, war nichts zu hören.
"Danke. Anziehen! Wir haben hier -insertFachchinesischHier- blabla Bronchitis. Ich breche an dieser Stelle die Untersuchung ab!!"
Ja! Ich hatte mit meinen überragenden Fähigkeiten den Arzt verblüfft. Er musste mich nicht weiter untersuchen, kam schnell zum Schluss. So einen Fall hätte er noch nie gesehen, sagte er. Und dann gab er mir den Zettel. Auf ihm steht:
T 5 nicht wehrdienstfähig
Das Grollen zieht sich zurück.
Eine betäubende Stille tritt ein, bis auch der lauteste Knall vollständig verschwunden ist.
Es wird hell.
Keine Lichtblitze sind mehr zu erkennen.
Ich schreite einen grünen Pfad entlang, meine Verpflegung aufbrauchend. Die Vögel zwitschern und kündigen den Frühling an.
Das Leben ist schön.