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Muss der denn so schreien?
Posted by Tim E.
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Samstag, Juni 27, 2009
Heute möchte ich versuchen, dem werten Blogleser meinen Musikgeschmack zu verdeutlichen. Und als ob das nicht schon genug wäre, versuche ich zudem, die Gründe aufzutischen, warum ich höre, was ich höre. Was ich toll finde.
Doch bevor ich starte, möchte ich um das Verständnis des Lesers bitten. Ich werde wohl eine Band und demnach Musik behandeln, die bei den Meisten nicht gerade einen Tagtraum von fröhlichen Blümchen und wohlwachsenden Schmetterlingen hervorrufen wird. Und so hoffe ich, dass ihr euch erst mal ein wenig reinlest, bevor ihr das hier wegklickt.
Schießlich will ich euch nicht von meinem Musikgeschmack überzeugen! Nein, ich möchte lediglich mal beschreiben, warum ich den Geschmack habe.
Genug gelabert. Los jetzt!
In erster Linie geht es mir um eine Band mit dem Namen "Cradle Of Filth". Die Musikrichtung ist nicht ganz eindeutig, doch sollte man den Genre grob festlegen, so legt man das Ganze wohl am Besten in die Metal-Schublade. Unterkategorie Dark/Black/Vampyric Metal. Klingt erschreckend? Jetzt doch noch nicht!?
Momentan suche ich noch in meiner hiesigen Bibliothek nach einem guten Tonbeispiel, doch bis ich eines gefunden habe, erzähle ich in eine andere Richtung.
Wodurch erkennt man Cradle Of Filth? Gibt es etwas besonderes, was diese Band von anderen unterscheidet? Ist der Schlagzeuger besonders flink? Sind die Gitarrenriffs einzigartig und besonders klasse, weil das Instrument nur 3 Saiten hat?
Das Besondere - oder das, was Cradle Of Filth besonders macht - ist "der extreme Gesang von Dani Filth, dessen bizarre und oftmals äußerst hohen Gesangseinlagen von hohem Wiedererkennungswert sind."
Einem gebildeten Menschen mag bekannt sein, dass vor allem in Metal-Stücken andere "Gesangsmittel" benutzt werden als in anderen Liedern. So besteht der "Gesang" nicht (nur) aus gesungenen oder gesummten oder gar gepfiffenen Teilen, sondern bedient sich gerne und häufig anderer Mittel, wie dem "Growlen", "Shouten", Schnarchen und was weiß ich, wie man es alles nennt. Zusammenfassen kann man das eigentlich alles unter dem Begriff "gutturaler Gesang". Und Wikipedia sagt dazu: Das ist Kehlkopfgesang, der durch Kächzen, Kreischen, Grunzen usw. erzeugt wird.
Und Dani Filth hat es irgendwie geschafft, zu schreien. Aber es ist nicht einfach iregendein Geschrei, wie man ihn kennt, wenn man der Schwester die Puppe wegnimmt oder ihr auf den Fuß tritt - nein, der gute Mann kann noch ein Stückchen höher schreien und nebenbei auch Töne treffen.
Singen können sehr, sehr viele. Gut singen deutlich weniger. Doch Singen, ob schief oder richtig, ist fast jedem mit in die Wiege gelegt. Je nach Musikalität und Training lässt sich das Ganze verbessern. Dann gibt es noch ein paar körperliche Einflüsse. So bin ich der Meinung, dass schwarze (sorry) Frauen besonders voluminös, lange und markant singen können. Gospel ohne eine schwarze Frontsängerin kann ich mir nur schlecht vorstellen. Zumindest klingt es nicht "true".
Auf was ich hinaus möchte?
Ich behaupte mal, dass über 80% der auf dem Markt erhältlichen Musik-Stücke mit "normalem" Gesang hinterlegt sind. Ich habe keine Ahnung, ob das stimmt, nehme es aber mal an. Dadrunter gibt es einige Sänger, die durch ihre Stimme hohen Wiedererkennungswert haben. Und die anderen 20%?
Nun, das sind die "Gesangsarten", die aus grunzenden, schreienden und andersweitig blubbernden Lauten bestehen. Unter den "Grunzern" gibt es sehr wenige, die man heraushören kann. Das Spektrum ist da schon viel schmaler. Und schließlich sind dort die, die einfach schreien. Einfach? Ja, diese Leute schreien "einfach". Maul auf und los. Das geht auf die Stimme, klingt scheiße und man nannte es Metal-Core (zumindest stellenweise). Schreien kann, meiner Meinung, jede Sau. Und das macht das Ganze echt nicht besonders. Oder interessant.
Dani kann nicht nur schreien, er kann auch singen. Und er kann in Tönen schreien. Das unterscheidet sich grundlegend von dem Geplärre der Schwester insofern, dass es zu der Melodie klingt.
Doch warum schreit der Mann zu der Melodie, anstatt zu singen?
Das weiß wohl einzig und allein Dani selbst. Doch vielmehr sollte man sich fragen, warum das Ganze passt!? Klingt!?
Wenn ich ein Lied von Cradle Of Filth höre, finde ich, dass der Geschrei "passt". Ich kann mir nicht vorstellen, zu der Melodie andersweitig zu "singen". Warum?
Das Schlagzeug legt zusammen mit Gitarren und Bass ein Tempo vor, das sehr an eine unglaublich gehetzte und vorgespulte Welt erinnert. Und in diesem Tempo kann man, wenn man genau hinhört, kleine Melodien erkennen, die einfach schön sind. So wie es in euren favorisierten Liedern kleine Teile gibt, die unglaublich schön klingen, können sogar genau die Selben in den Stücken von Cradle Of Filth vorkommen. Leise, versteckt, aber wahrzunehmen. Und davor eine Fassade aus - nun, man kann es diesbezüglich als "Lärm" bezeichnen.
Von den Stücken geht eine unglaubliche Kraft aus, die den Zuhörer (ich fühle jedenfalls so), mit Energie füllt. Und nun gilt es, diese energiereiche Musik zu unterstützen. Mit Gesang. Nebenbei sollte das Lied auch eine Botschaft vermitteln, also ist eine Art der Kommunikation nötig.
Es gibt sehr, sehr kraftvollen Gesang, in den der Sänger oder die Sängerin sehr viel Energie stecken muss. Oper zum Beispiel. Man mag nicht glauben, wie anstrengend es ist, so absurde Tonräume in einer so lauten Stimme klar zu singen.
Wenn ich also den kleinen Milchbubi aus Emohinterhausen säuseln höre, ist das nicht kraftvoll. Doch es kann auch fast jeder x-beliebige, andere Sänger sein. Klare Texte, klare Melodie. 2-3 Mal gesungen, dann eine Variation. Dazwischen Refrain. Toll. Musikalisch klasse. Kraftvoll? Keine Spur.
Vielleicht ist der Inhalt des Textes kraftvoll, aber der Gesang selber nicht.
Und dann kam Dani Filth und schrie. Schrie mit aller Kraft in das Mikrofon, spie seine Energie heraus und verteilte sie in die Welt - aber beließ es nicht dabei. Nebenbei reißt er stellenweise seine Stimme herum, wie man ein Seil schleudern und schwingen kann.
Und ein jedes Mal, wenn ich den Guten "singen" - oder über Takte schreien höre, kribbelt es in mir. Ich bin fasziniert von seiner Stimmvielfalt, erschlagen von der Macht, die von den Klängen ausgeht. Man stelle sich vor, dass er vor einem stünde und einen anschriehe!?
Wer käme denn dagegen an? Ich kann mir wenig vorstellen.
Und gerade diese Macht ist es, die mich fast ein jedes Lied hören lässt - und an die Band fesselt.
Nun habt ihr das Ganze (hoffentlich) gelesen, klickt auf den Musicplayer und denkt euch: "Na ja, ganz nett, aber irgendwie ist das mal ÜBERHAUPT nicht mein Fall!"
Mir ist nur ein Fall bekannt, in dem jemand Cradle of Filth hört und beim ersten Male komplett fasziniert und überzeugt ist. Ich meine Richmond aus der Serie "The IT Crowd". Schaut euch folgendes Video an, dann erfahrt ihr, wie er dazu kam (Ab 1:11 Minuten)
Ich habe mich an die Band herangetastet. Metal über Metal, von dem Wikingerliedern über Grunz-Oink-Brummel-Bands bis hin zu Cradle of Filth. Und es hat schon ein wenig gedauert, bis ich mich an die Lieder gewöhnt hatte.
Gerade aus diesem Grund kann ich mir nicht vorstellen, dass irgendjemand meiner Leser auf einmal Cradle Of Filth hören wird ;)
Vielmehr wollte ich mit diesem Post euch nur einmal nahelegen, warum ich auf diese Art der Musik abfahre. Ich find es einfach großartig, zu hören, was man alles mit seiner Stimme machen kann.
"It sounds horrible - but it's acutal quite beautiful."
Btw.: Das verlinkte Lied ist das, welches Richmond in dem youtube-Video der Mutter auf der Beerdigung empfielt. Wusste ich auch nicht, fiel mir aber gerade auf ;)
Doch bevor ich starte, möchte ich um das Verständnis des Lesers bitten. Ich werde wohl eine Band und demnach Musik behandeln, die bei den Meisten nicht gerade einen Tagtraum von fröhlichen Blümchen und wohlwachsenden Schmetterlingen hervorrufen wird. Und so hoffe ich, dass ihr euch erst mal ein wenig reinlest, bevor ihr das hier wegklickt.
Schießlich will ich euch nicht von meinem Musikgeschmack überzeugen! Nein, ich möchte lediglich mal beschreiben, warum ich den Geschmack habe.
Genug gelabert. Los jetzt!
In erster Linie geht es mir um eine Band mit dem Namen "Cradle Of Filth". Die Musikrichtung ist nicht ganz eindeutig, doch sollte man den Genre grob festlegen, so legt man das Ganze wohl am Besten in die Metal-Schublade. Unterkategorie Dark/Black/Vampyric Metal. Klingt erschreckend? Jetzt doch noch nicht!?
Momentan suche ich noch in meiner hiesigen Bibliothek nach einem guten Tonbeispiel, doch bis ich eines gefunden habe, erzähle ich in eine andere Richtung.
Wodurch erkennt man Cradle Of Filth? Gibt es etwas besonderes, was diese Band von anderen unterscheidet? Ist der Schlagzeuger besonders flink? Sind die Gitarrenriffs einzigartig und besonders klasse, weil das Instrument nur 3 Saiten hat?
Das Besondere - oder das, was Cradle Of Filth besonders macht - ist "der extreme Gesang von Dani Filth, dessen bizarre und oftmals äußerst hohen Gesangseinlagen von hohem Wiedererkennungswert sind."
Einem gebildeten Menschen mag bekannt sein, dass vor allem in Metal-Stücken andere "Gesangsmittel" benutzt werden als in anderen Liedern. So besteht der "Gesang" nicht (nur) aus gesungenen oder gesummten oder gar gepfiffenen Teilen, sondern bedient sich gerne und häufig anderer Mittel, wie dem "Growlen", "Shouten", Schnarchen und was weiß ich, wie man es alles nennt. Zusammenfassen kann man das eigentlich alles unter dem Begriff "gutturaler Gesang". Und Wikipedia sagt dazu: Das ist Kehlkopfgesang, der durch Kächzen, Kreischen, Grunzen usw. erzeugt wird.
Und Dani Filth hat es irgendwie geschafft, zu schreien. Aber es ist nicht einfach iregendein Geschrei, wie man ihn kennt, wenn man der Schwester die Puppe wegnimmt oder ihr auf den Fuß tritt - nein, der gute Mann kann noch ein Stückchen höher schreien und nebenbei auch Töne treffen.
Singen können sehr, sehr viele. Gut singen deutlich weniger. Doch Singen, ob schief oder richtig, ist fast jedem mit in die Wiege gelegt. Je nach Musikalität und Training lässt sich das Ganze verbessern. Dann gibt es noch ein paar körperliche Einflüsse. So bin ich der Meinung, dass schwarze (sorry) Frauen besonders voluminös, lange und markant singen können. Gospel ohne eine schwarze Frontsängerin kann ich mir nur schlecht vorstellen. Zumindest klingt es nicht "true".
Auf was ich hinaus möchte?
Ich behaupte mal, dass über 80% der auf dem Markt erhältlichen Musik-Stücke mit "normalem" Gesang hinterlegt sind. Ich habe keine Ahnung, ob das stimmt, nehme es aber mal an. Dadrunter gibt es einige Sänger, die durch ihre Stimme hohen Wiedererkennungswert haben. Und die anderen 20%?
Nun, das sind die "Gesangsarten", die aus grunzenden, schreienden und andersweitig blubbernden Lauten bestehen. Unter den "Grunzern" gibt es sehr wenige, die man heraushören kann. Das Spektrum ist da schon viel schmaler. Und schließlich sind dort die, die einfach schreien. Einfach? Ja, diese Leute schreien "einfach". Maul auf und los. Das geht auf die Stimme, klingt scheiße und man nannte es Metal-Core (zumindest stellenweise). Schreien kann, meiner Meinung, jede Sau. Und das macht das Ganze echt nicht besonders. Oder interessant.
Dani kann nicht nur schreien, er kann auch singen. Und er kann in Tönen schreien. Das unterscheidet sich grundlegend von dem Geplärre der Schwester insofern, dass es zu der Melodie klingt.
Doch warum schreit der Mann zu der Melodie, anstatt zu singen?
Das weiß wohl einzig und allein Dani selbst. Doch vielmehr sollte man sich fragen, warum das Ganze passt!? Klingt!?
Wenn ich ein Lied von Cradle Of Filth höre, finde ich, dass der Geschrei "passt". Ich kann mir nicht vorstellen, zu der Melodie andersweitig zu "singen". Warum?
Das Schlagzeug legt zusammen mit Gitarren und Bass ein Tempo vor, das sehr an eine unglaublich gehetzte und vorgespulte Welt erinnert. Und in diesem Tempo kann man, wenn man genau hinhört, kleine Melodien erkennen, die einfach schön sind. So wie es in euren favorisierten Liedern kleine Teile gibt, die unglaublich schön klingen, können sogar genau die Selben in den Stücken von Cradle Of Filth vorkommen. Leise, versteckt, aber wahrzunehmen. Und davor eine Fassade aus - nun, man kann es diesbezüglich als "Lärm" bezeichnen.
Von den Stücken geht eine unglaubliche Kraft aus, die den Zuhörer (ich fühle jedenfalls so), mit Energie füllt. Und nun gilt es, diese energiereiche Musik zu unterstützen. Mit Gesang. Nebenbei sollte das Lied auch eine Botschaft vermitteln, also ist eine Art der Kommunikation nötig.
Es gibt sehr, sehr kraftvollen Gesang, in den der Sänger oder die Sängerin sehr viel Energie stecken muss. Oper zum Beispiel. Man mag nicht glauben, wie anstrengend es ist, so absurde Tonräume in einer so lauten Stimme klar zu singen.
Wenn ich also den kleinen Milchbubi aus Emohinterhausen säuseln höre, ist das nicht kraftvoll. Doch es kann auch fast jeder x-beliebige, andere Sänger sein. Klare Texte, klare Melodie. 2-3 Mal gesungen, dann eine Variation. Dazwischen Refrain. Toll. Musikalisch klasse. Kraftvoll? Keine Spur.
Vielleicht ist der Inhalt des Textes kraftvoll, aber der Gesang selber nicht.
Und dann kam Dani Filth und schrie. Schrie mit aller Kraft in das Mikrofon, spie seine Energie heraus und verteilte sie in die Welt - aber beließ es nicht dabei. Nebenbei reißt er stellenweise seine Stimme herum, wie man ein Seil schleudern und schwingen kann.
Und ein jedes Mal, wenn ich den Guten "singen" - oder über Takte schreien höre, kribbelt es in mir. Ich bin fasziniert von seiner Stimmvielfalt, erschlagen von der Macht, die von den Klängen ausgeht. Man stelle sich vor, dass er vor einem stünde und einen anschriehe!?
Wer käme denn dagegen an? Ich kann mir wenig vorstellen.
Und gerade diese Macht ist es, die mich fast ein jedes Lied hören lässt - und an die Band fesselt.
Nun habt ihr das Ganze (hoffentlich) gelesen, klickt auf den Musicplayer und denkt euch: "Na ja, ganz nett, aber irgendwie ist das mal ÜBERHAUPT nicht mein Fall!"
Mir ist nur ein Fall bekannt, in dem jemand Cradle of Filth hört und beim ersten Male komplett fasziniert und überzeugt ist. Ich meine Richmond aus der Serie "The IT Crowd". Schaut euch folgendes Video an, dann erfahrt ihr, wie er dazu kam (Ab 1:11 Minuten)
Ich habe mich an die Band herangetastet. Metal über Metal, von dem Wikingerliedern über Grunz-Oink-Brummel-Bands bis hin zu Cradle of Filth. Und es hat schon ein wenig gedauert, bis ich mich an die Lieder gewöhnt hatte.
Gerade aus diesem Grund kann ich mir nicht vorstellen, dass irgendjemand meiner Leser auf einmal Cradle Of Filth hören wird ;)
Vielmehr wollte ich mit diesem Post euch nur einmal nahelegen, warum ich auf diese Art der Musik abfahre. Ich find es einfach großartig, zu hören, was man alles mit seiner Stimme machen kann.
"It sounds horrible - but it's acutal quite beautiful."
Btw.: Das verlinkte Lied ist das, welches Richmond in dem youtube-Video der Mutter auf der Beerdigung empfielt. Wusste ich auch nicht, fiel mir aber gerade auf ;)