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Such ruhig weiter nach der Bremse, während ich hier den Fußgängern ausweiche.

Posted by Tim E. on Donnerstag, Mai 29, 2008
Ich muss nicht einmal viele der gefallenen Sprüche oder Situationen aufgreifen bzw. beschreiben und sofort wissen die Meisten, von was ich spreche.

Richtig, meiner Fahrstunde. Aber nicht irgendeiner Fahrstunde, sondern meiner ersten Fahrstunde.

So konnte ich mich nach einem halben Jahr Theorie und einer leicht versemmelten Theorieprüfung doch noch zu Fahrstunden durchringen. Also trabte ich fröhlich bei der Fahrschule an, nistete mich nähernd häuslich auf der Bank vor der Haustür ein und wartete auf Gerd, meinen kompetenten und überaus netten Fahrschullehrer. Etwa zwei Tracks meiner derzeitigen Lieblingsband (Turisas, aber das tut momentan nichts zur Sache) später tauchte auch jener Mann mitsamt Wagen und leicht fertig dreinblickendem Fahrschüler auf.

Sagen wir grob 3 Verabschiedungsfloskeln später war ich es auch schon, der in dem Auto hockte, erwartungsvoll blickte ich mich in dem VW Golf um.

"Aufgeregt? Na, dann wollen wir gleich mal mit dem Schlimmsten beginnen", so ungefähr eröffnet mir Gerd mit leichtem Lächeln und etwas zusammengekniffenen Augen den Unterricht. Und es ist das letzte Mal, dass ich sein Gesicht in dieser Fahrstunde sehen werde.

Es ging auf das Parkdeck der Stadthalle, lediglich zwei Hände voll Autos fanden hier ihre Stehgelegenheiten (man beachte, dass man im binären System bis 2^10 -1, also 1023 mit 10 Fingern zählen kann O__o).
Gerd rückte mit dem Wagen ein wenig hin und her, schaute hier und da hin, murmelte und meinte schließlich: "Gut, hier stehen wir gut (mitten auf der Straße, die zwischen den parkenden Autos durchführt wohlgemerkt), steig du mal hier ein!"

Und so steige ich zum zweiten Mal in meinem Leben auf den Fahrersitz. Das erste Mal war zuhause. Mit 5 Metern Platz zwischen Kühler und Hauswand. Und das Auto springt schon mal 2-3 Meter, wenn man das erste Mal die Kupplung kommen lässt und nicht weiß, was zu tun mit dem Gaspedal... das war auch das Mal, wo ich mir schwor, niemals nimmer wieder nicht in ein Auto einzusteigen.

Genug geschwafelt, nun saß ich da. Pedale, Knöpfe, Hebel, ein Rad und jede Menge Lichter streckten sich mir entgegen, einige beobachteten mich kritisch ("Was will D E R denn hier?"), andere boten sich mir lüstern an ("Drück mich, ich steh drauf!").

"Eigentlich fast alles selbsterklärend. Das ist..." und da hört es auf. Ich weiß nur noch, das Gerd fast jedem Knopf, Schalter, Lämpchen oder was auch immer einen Namen gab, die Funktion erläuterte und bei dem Einen oder Anderen etwas flunkerte ("Das ist die Anzeige für die Batterie. Die zeigt dir an, wann es regnet.").
Und als er sein Potpourri geendet hatte, drückte er mir einen Schlüssel in die Hand und meinte, in verständlichem und kurzem Deutsch ausgedrückt, etwa folgendes: "Kupplung treten ("linkes Bein, linkes Pedal, durckdrücken!"), Schlüssel da rein, hochdrehen, anmachen!"

Um diese Story etwas abzukürzen, umreiße ich schnell die ersten 20 Minuten und komme dann gleich zum interessanten, für mich höllischen Teil. Also:

Anfahren, abwürgen, ausschalten, anschalten, anfahren, abwürgen, ausschalten, Instruktionen bekommen, Smalltalk führen, anschalten, anfahren, rooooollen, voll in die Eisen steigen, abwürgen.
(Ausschalten, anschalten, das spar ich mir mal jetzt, sollte nach abwürgen selbstverständlich sein, ebenso wie das Schalten in den 1. Gang), rollen, zum ersten Mal lenken, um ein paar Autos haarschaf herumlenken, weiterrollen, etwas Gas geben, bremsen, abwürgen.
Etwa 25 Mal das ganze später kam dann Schalten, mitsamt abwürgen und allem, was man braucht. Und daaaaaann...

... dann war es soweit. Ich stand wieder am Ausgangsort (nicht zum ersten Male wohlgemerkt) und wartete. Gerd guckte mich an. Ich konnte es spüren. Aber gesehen hab ich ihn nicht. Die Frau, die hinter mir stand und parken wollte, raubte meine ganze Aufmerksamkeit. Aber Gerd ließ es kalt. Irgendwann gab er dann nach und fuhr den Wagen zur Seite (ob er das machte, um meine Aufmerksamkeit zu erlangen oder für die Frau, ist mir nicht bekannt).

"Ja, das war doch gar nicht mal so schlecht. Und jetzt fahren wir da runter und erst mal in Richtung Tanke. Du weißt doch, wo die Tanke ist?"

Die Frage nach der Tanke erschien mir trivial. Viel mehr interessierte mich, ob ich mit den Mengen Schweiß, die auf einmal meinen Körper verließen, eine Entsalzungsanlage oder ein Schwimmbad betreiben sollte. Alleine fahren? Unter anderen Autofahrern? Nach nur 20 Minuten mehr stehen und Motor quälen als fahren? Ich zweifelte stark.

"Keine Panik. Wer nicht wagt, der nicht gewinnt. Ich helfe dir natürlich. Ich beobachte mal für dich den Verkehr und das ganze drumrum und du fährst. Und ich sage dir, wann wir wo langfahren. Und wenns mal gar nicht geht, helf ich dir richtig. So mit steuern und so. Alles klar? Ab!"


Und somit betrat ich, Tim E. zum ersten Male die öffentlichen Straßen (hoffentlich verzeihen es mir die beiden Mädchen, die ich etwa 5 Minuten auf dem Parkdeck und der Ausfahrt festhielt).




Es sei zwischendurch etwas angemerkt. Gerd ist ein toller Lehrer, auch wenn das bisher etwas fragwürdig rüberkam. Natürlich hat er mich genau instruiert. Und hätte er nicht auf mich aufgepasst, während ich durch die Straßen Braunschweigs zuckelte, hätte ich wahrscheinlich 15 Leute überfahren. Mindestens. Man achte auf den Titel dieses Eintrags. Nur so nebenbei. Weiter gehts!



"Innenspiegel, Außenspiegel, Blinker setzen, Schulterblick, einlenken, bla, rassel, quatsch. Aber das kannst du dir eh nicht merken. Das kann sich keiner am Anfang. Also sag ichs dir einfach noch einmal, wenns soweit ist. Alles klar?"

Natürlich konnte ich es mir nicht merken. Merkt man ja gleich beim Lesen. Und auf sein Alles klar? konnte ich auch nur zähneknirschend antworten, weil ich gerade versuchte, eine angemessene Geschwindigkeit zwsichen Bahnhof und Stadthalle aufzubauen, um nicht alle Autofahrer gegen mich zu haben.

"Du, ich hätte gerne meine Außenspiegel nachher noch dran."
"Wie meinst du das?"
"Nun ja, ist ja ganz nett, dass du so weit rechts fährst, aber man kanns auch übertreiben. Und ach, wo du gerade hier hinschaust, geb ich dir gleich noch einen Hinweis. Du fährst immer da hin, wo du hinguckst. Und ja, den Lack, der gerade von meinem Wagen abfliegt, kannst du nachher bezahlen."


Oder auch

"Mein Lieber, ist ja nett gemeint, dass du für Fußgänger anhälst, aber nicht mitten auf der Kreuzung, wenn die Frau noch 20 Meter entfernt ist. Und wenn sie schon rot hat. Ach, und wie du den Motor wieder anbekommst, weißt du?"
"Wieso, der läuft do...[Motor säuft gurgelnd ab, von Gerd kommt ebenfalls ein leicht glucksendes Geräusch (ich glaube, er amüsierte sich etwas)]"
"Ich wink mal eben denen hinter uns!"


Bzw.

"So langsam solltest du in den 4. schalten. Oder gleich in den 5."
"Wie ging das gleich?"
"Achso, bevor wir das üben - wir sind noch in der Stadt."
"Ja."
"Hier ist nur 50 erlaubt."
"Richtig."
"Gut. Ähm, ja... schauen wir mal... 75....80...
"ARGH!"
"Oh, gut, dass du es bemerkst. Ach, und wenn du jetzt genauso bremst, wie du es vorhin gemacht hast... also bei der Gefahrenbremsung mach ich mir keine Gedanken, ABS ist auch toll - aber lass es dieses Mal bitte bleiben, ja?"
"Ich probiers!"



Gerd wird noch viel Spaß mit mir haben. Ich habe selten so nach 45 Minuten des Sitzens so in den Beinen gezittert, wie vorhin.
Das Auto zu fahren ist schwerer, als ich dachte. Sicherlich geht es nach einiger Zeit besser, wenn man nicht mehr das Bremspedal suchen muss, da bin ich optimistisch. Doch bis ich das kann, wird es wohl noch etwas dauern. Ach, und abschließend muss ich noch eines loswerden:

"Ja, so ist gut. Schön die Geschwindigkeit halten. Perfekt. Ach, und der Fußgänger will wohl doch nicht rüber."
"Welcher Fußgänger?"
"Der zwischen den Autos da."
"Was? WO!?"
"Sind gerade dran vorbei. Hmhm.... Und der Autofahrer steigt auch nicht aus, wunderbar."
"WELCHER AUTOFAHRER!?!"
"Ist ja auch egal. Du fährst, ich gucke. Hoffentlich weiß der da, was er macht."
"WO???????"
"Diesmal hab ich gelogen. Da war keiner. Aber die Ampel da ist schon real, so als Tipp nebenbei."
"WO KOMMT DIE DENN HER?"
"Kann ich dir nicht sagen. Aber du solltest lang-sam mal bremsen. Und bremsen. Und bremsen. Und - ach das weißt du ja."

4 Comments


Hihi, ich liebe deinen Blog, besonders diesen Post :D
(Ja, hier kommentiert ja nie irgendwer was, also muss wenigstens ich mal meine (unqualifizierte, höchstwahrscheindlich in inkorrektem Deutsch verfasste) Meinung abgeben ... :O)

Autofahren ist wahrlich großartig. Und es wird mit jeder Fahrstunde noch viel großartiger, wirklich ;D


Ja, der die das blog is supi :o) ist auch immer wieder klasse geschrieben.

aber nein, autofahren ist schrecklich.

es wird schrecklicher.

es wird mit jeder fahrstunde mehr und mehr zur hölle.

und die prüfung letztlich ist das ekligste und widerwertigste was ich je erlebt hab. Stress und Minderwertigkeitskomplexe dazu.

und dann, ein, zwei monate NACHDEM man den führerschein hat, DANN macht autofahren spaß :)

^^ also halte durch


Ja, ja aller Anfang ist schwer - und wenn ich dann so an meine erste Fahrstunde denke! Ich hatte den Eindruck, dass ich`s nie lerne und bin immer beim Rechtsabbiegen auf den Bürgersteig hochgefahren.... das wird schon!!!:-)


Huhu, Lustiger Bericht. Ich fand die ersten Fahrstunde noch mit die angenehmste, danach waren die echt schlimmer (bis man es dann konnte). Aber das Abwürgen wird nciht wirklich weggehen^^ Passiert auch später immer noch mal ;) Aber es macht spaß :) Wirst du auch noch merken^^
Lg

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