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Frohe Weihnachten!

Posted by Tim E. on Mittwoch, Dezember 24, 2008
Ein wenig ist der letzte Post schon her, und ich habe noch gar nicht über die Tiere, die parasitär meinen Kopf bewohnten ("Was? Iiih!") hergezogen, doch wünsche ich euch allen eine schöne Weihnacht!

Lasst euch beschenken, von liebsten und Liebstem umgeben und fühlt euch einfach nur toll und frohlockend!!


Viele dürfen sich nun von mir geknuddelt fühlen. Und auch an die Anderen: Macht euch ein paar schöne Festtage!

Euer Tim.

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Die Zeit ist gegen uns alle

Posted by Tim E. on Dienstag, November 25, 2008
Ich musste vor 2 Minuten einmal mehr bemerken, dass die Zeit gegen die Spezie Mensch ist. Ob diese Abneigung persönlicher Natur ist, weiß ich nicht zu beantworten, doch sicher ist, dass diese als vierte betitelte Dimension gegen uns arbeitet.

Zu dem Hintergrund meines Bemerkens: Ich klicke mich wieder durch meine Favoriten und lande schließlich auf der bekannten Webseite www.youtube.com. Wie immer, wenn ich nicht weiß, was ich schauen sollte, tippe ich in das Suchenfeld "coldmirror", den Namen meiner liebsten Synchronisatorin und meines liebsten youtube-Mitglieds.
Doch statt 20.000 gute Video zu finden, wie sämtliche Harry-Potter-Synchronisationen oder auch Alte-Oma-Helf-Män, stoße ich lediglich auf das Video "'coldmirror' Account gesperrt - Statement" von dem User XtremeColdmirror.

Und tatsächlich, der Titel birgt, was er verspricht:


coldmirrors youtube-Channel wurde um 3 Uhr morgens gesperrt und war bereits vor 13 Uhr, als Kaddi zum ersten Mal an diesem Tag ihren youtube-Bereich betreten wollte, gelöscht.

Hinfort.

Verschwunden - ausradiert.

Keiner Möglichkeit überlassen, die Videos, welche unter einem Copyright stehen, zu löschen, ist mein liebster Channel aus youtube gelöscht worden. Einfach so, zu einer Zeit, zu der niemals ein Mensch online ist und sich korrigieren kann.


Und so sitze ihr hier wieder, die Arme um die Beine geschlungen, wippend - und weine.

Wieder einmal hat uns die Zeit gezeigt, dass sie gegen uns ist.

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Wenn Flocken fröhlich fallupieren...

Posted by Tim E. on Freitag, November 21, 2008
Wenn Flocken fröhlich fallupieren,
des Schnees Weiße mich umringt,
Kinder zum Singen sich gruppieren:
Bald kommt schon das Christenkind.

Zart und in einem strahlenden Weiß schweben die Flocken vor meinem Fenster auf und ab.
Vor gut einer halben Stunde hat dieses zur Verdammnis verurteiltes Spiel begonnen - denn die Erde ist leider noch zu warm, um sich mit dieser fluffig flauschigen Schicht zu bedecken.

Durch den kalten Wind getragen umschreiben die kleinen Sterne zärtliche Kurven, umringen sich spielerisch, um dann auseinanderzustöben und sich einen anderen Weg zu suchen.

Schnee... ist es wirklich Schnee, der da fällt?

Und immer noch schaue ich gebannt aus dem Fenster, betrachte diese zarten Geschöpfe, die in mir dieses Gefühl der Heimat und Geborgenheit auslösen.

Winter... tatsächlich fängt schon der Winter an, seine Begrüßung ist unübersehbar.


Und ich sitze nun hier, lege meine Füße auf die Heizung, zünde mir eine Duftkerze an und betrachte noch ein wenig das Treiben dort draußen.

Endlich mal wieder eine Jahreszeit, die ich schön finde. Willkommen zurück.

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Dinge, die man noch so tun kann

Posted by Tim E. on Dienstag, November 04, 2008
Liebe Freunde und Bekannte, heute möchte ich euch einige Dinge nennen, die man an einem schönen Dienstagnachmittag machen kann, ohne den Tag komplett zu verbauen (Worauf ich später eingehen werde).

So könntet ihr euch ein Buch eurer Wahl schnappen, euch auf das Bett legen und wunderbar ein wenig schmökern, während die Zeit an euch vorbeistreicht.

Ihr könntet ein Bild malen, mit Bleistift, Tusche, Öl, Aquarell, Fingerfarben - da gibt es kaum Grenzen!

Ihr könntet auch Hausaufgaben machen oder sogar lernen, schaden kann das sicherlich nicht.

Und mit Sicherheit gibt es noch tausend andere Dinge, die einfach wunderschöne Zeitvertreiber sind....

NUR

fangt bloß nicht damit an, eurem Dev-C++ das ach so verlockend klingende Qt beizuführen.

Und so begann er, eine Geschichte zu erzählen, die sich wahrlich zugetragen hatte:
"An einem Dienstagabend, gleich nach der Schule, begab ich mich in mein Zimmer, startete voller Tatendrang meinen Windows-PC, kochte mir während des Bootvorgangs Nudeln, flieste den Flur und verstecke Milchtüten, doch als meine Klapperkiste mit einem sanften Röcheln den Start von Windows kund tat, stürzte ich mich an mein Lieblingsgerät und wühlte voller Tatendrang mich durch ein Tutorial, das mir die grundlegenden Züge der zu lernenden Erweiterung nahelag.
16:00 Uhr: Ich lade eine 122 MB große .zip-Datei herunter
16:10 Uhr: Ich entpackte die zip-Datei.
16:30 Uhr: Ich verstehe kein Wort dessen, was in dem Tutorial steht, fuchse mich noch durch andere Beschreibungen und schaffe es schließlich, den Sourcecode zu kompilieren.
17:00 Uhr: Das Programm arbeitet immer noch. Ich scrolle nebenbei gelangweilt in dem Programm rum, will es minimieren - und komme auf das "Schließen"-Kreuz.
Infolgedessen darf ich alles wieder löschen und noch einmal entpacken.
Um nicht ganz komisch dazustehen, installiere ich auch Dev-C++ neu.
17:30 Uhr: Der Kram ist entpackt und installiert. Ich starte den Compiler erneut.
18:45 Uhr: Der Mist ist endlich kompiliert. Ich folge den Anweisungen in dem Tutorial und erstelle einfach mal ein Testprogramm. Als ich es ausführen will, geht nichts. Einfach nichts.
Ich schaue in den Ordnern nach Dateien, die dort eigentlich sein sollten, und finde nichts.
Statt etwa 25 Dateien, die auf .a enden, finde ich etwa 20 Dateien, deren Ende .prs oder so ist, zumindest nicht .a.

Auch der Ordner mit den dlls ist leer, was nicht besonders förderlich für meine Vorstellungen ist.

19:00 Uhr: Ich wühle mich durch das Internet, finde eine vorkompilierte Version, rege mich darüber auf, warum mir der Mann im Tutorial zu der unkompilierten Version geraten hat, und beginne, die 152 MB große .exe herunterzuladen.
19:15 Uhr: Ich installiere die Datei. Das dauert ewig.
19:35 Uhr: Der Kram ist installiert. Jetzige Größe: 1,4 GB. Es folgt das langwierige Einbinden in Dev-C++.
20:00 Uhr: Endlich. Es sieht gut aus, eingebunden ist der ganze Scheiß, die Umgebungsvariablen sind korrekt gesetzt und auch die ganzen Backups habe ich wieder eingebunden.
20:01 Uhr: Test. Ich erstelle ein neues Projekt und kompiliere es. Bei Erfolg öffnet sich ein kleines Fenster mit einem Knopf, auf dem "Servus, Welt" steht.

F9

Das Programm kompiliert.

Windows+r, cmd, qmake -project

Geht auch noch.

Windows+r, cmd, qmake

Wunderbar.

Ich öffne den release-Ordner und führe einen Doppelklick auf meine .exe aus.

RUMMS! Fehler! Error! FATAL!
_ZN8QSysInfo14windowsVersionEv konnte nicht in QtCore4.dll gefunden werden!

20:03 Uhr: Ich breche in Tränen aus.
20:15 Uhr: Ich suche immer noch den Fehler. Angekommen bin ich derweil nur in einem französischem Forum, dessen Inhalt ich nur wenig verstehe.
20:30 Uhr: Was will Qt von mir? Auch der Hersteller weiß keinen Rat.
20:45 Uhr: Ich deinstalliere sowohl Dev-C++ als auch Qt. Mal wieder.

Und nun sitze ich immer noch hier, die Installation der beiden Komponenten dauert immer noch an. Ich habe mir zwischendurch eine Pause gegönnt, um meiner Verzweiflung Platz zu machen.


Soll sich doch Trolltech mit Qt in den Himmel schießen - ich verstehe immer noch nicht, wo das Problem war.

Vielleicht sollte ich auch bei Konsolenapplikationen bleiben und jemand probiert mir einen Hinweis zu geben... aber er könnte mir das auch einfach sagen, anstatt mich seit 5 Stunden zu quälen.


Und dir Moral von der Geschicht? Vergreif dich bloß an Qt nicht!

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"RAAAAAAAA" und *grmlbrmmlhrmmmm....*

Posted by Tim E. on Samstag, Oktober 25, 2008
Und wieder einmal nähern sich unsere ach so geliebten Ferien dem Ende.
Und wieder einmal rufe ich in mir auf, was ich geschafft habe und was ich vorhatte und nicht schaffte.

Und setze ich mich hin und schreibe tatsächlich all die Dinge auf, die ich vorhatte zu tun (wa ich jetzt tun werde).... nun, ihr werdet sehen. Also, folgendes hatte ich ursprünglich vor:

- Eragon 1 lesen
- Eragon 2 lesen
- Eragon 3 lesen (liegt auf meinem Bett!)
- Die Ratten lesen für die Deutschstunde am Montag
- Meine Bahncard kündigen
- Endlich den beschissenen web.de-Account kündigen
- Gebärdensprache lernen
- Die Noten für meine Klavierstücke raussuchen, die ich zu meinem Abi spielen will
- Ein Lied in die Notenform bringen
- Ein Bild malen
- Mindestens ein Lied komponieren
- Maße des Betts meiner Mama nehmen
- Aufräumen
- Was für den Intiguide machen
- In ein Freundebuch scrizzeln
- Mich um das Abibuch kümmern

Das ist das, was mir spontan einfällt.

Nun die Liste der Dinge, die ich geschafft habe:

- Ich habe in ein Freundebuch geschrieben
- Ich habe die Noten eines von vier Liedern wiedergefunden
- Ich habe mein Zimmer zur Hälfte aufgeräumt und schon wieder verdreckt

Zusammenfassung:

Die Ferien sind vorbei, ich habe nichts geschafft. Statt meiner Pläne habe ich gesoffen, gesoffen, gepennt, PC gespielt, mit Freunden gesoffen, Schlübbertalk gehalten, geschlafen, bei nem Freund gesoffen und PC gespielt, anschließend gepennt und dann habe ich noch gesoffen.


Bilanz/Fazit:

RAAAAAAAAAAAAAAAAAAA!
*grmlbrmmlhrmmmm....*


Das wird nix mehr mit dem Leben....

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Ein Verzeichnis für Schüler?

Posted by Tim E. on Dienstag, Oktober 21, 2008
Und wieder einmal wurde ich enttäuscht.

Nein, es war weder das Einstauben meiner Stereoanlage, noch die Enttäuschung über die Tatsache, dass ich das ganze Geld, das ich mein Leben lang gespart hatte (nun ja, fast alles) auf einen Schlag ausgegeben hatte... es war die Enttäuschung über das Schülervz und die Beschränktheit in der Namensgebung.

So hatte ich mich nach einem Jahr endlich dazu durchgerungen, meinen Spitznamen "4mock" eintragen zu wollen, und schon wird man derbe mit einer Nachricht, der folgenden ähnlich, enttäuscht:

"Beim Ändern deines Spitznamens ist etwas schief gegangen. Der Spitzname enthält ungültige Zeichen."

Als ob man nicht einen Spitznamen mit Zahlen haben könnte? Ich scheine ja wohl der Gegenbeweis zu sein.


Doch nein, zu Boden geworfen und unterjocht wird man, erdreistet man sich, einen Namen mit Zahlen anzunehmen. Natürlich, ich bin gegen die Behandlung eines Menschen als Nummer ("Guten Tag, Herr 4885629!" "Ah, Nachbar #14, wie geht es heute Ihrer Tochter #3?"), aber als Spitzname werd ich doch wohl noch eine Zahl benutzen dürfen?


Ich sag dazu nur: "Schülervz! Dreist!!"

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Deutschlands schlimmster Straßenschreck

Posted by Tim E. on Donnerstag, Oktober 09, 2008
Als ich heute morgen erwachte, schwirrten noch die letzten Phrasen von menschentötenden Autos und knochenbrechenden Bussen durch meinen Kopf und mit einem letzten Zittern schüttelte ich auch jenes Automobil von meinem Ohr, welches sich doch so herzhaft darin verbissen hatte.

"Na prima", waren die meinigen Gedanken, "meine Prüfung ist erst in knapp 3 Stunden und trotzdem zitterst du schon..."

Galant und kein Stück überheblich schwang ich mich aus meinem Bett, stolperte in die Hose, knallte mir zwei Toast in den Toaster, aß einen, übergab mich fast in das Klosett und beschloss anschließend, lieber irgend etwas beruhigendes zu machen, bevor ich den erneuten Versuch der Nahrungsaufnahme starten sollte.

Leider war es Mister Time, der an die Tür klopfte und mich mit gebieterischer Stimme zwang, die Wohnung zu verlassen.


So pendelte ich mit einem flauen Gefühl in der Magengegend zuerst zum Lehrerzimmer meiner Schule, wo ich das ach so sorgfältig hergestellte Kunstprojekt in ein Fach meiner Wahl schleudern ließ und schritt erst anschließend zügig in Richtung Fahrschule.

Der Herr Zeit hatte es gut mit mir gemeint und mich einiges früher als gedacht aus seinem Taxi gelassen, sodass ich gute fünf Minuten hatte, um noch kurz mein aktuelles Lieblingslied über die Sony Ericsson-Kopfhörer in mein Gehirn dröhnen zu lassen (es ist übrigens White Storm von Ensiferum).

Doch mit dem letzten Beckenschlag war es auch schon Ron, der mir in das Gesicht grinste und irgendetwas zu sagen versuchte, doch leider verstand ich durch diese Ohrstöpsel einfach kein Wort. Nun, eine Befreiungsaktion, ne knappe Begrüßung und einem liebevollen Fausttausch später war ich es dann, der an dem Steuer des Golfs saß und immer noch innerlich aufgewühlt die Außenspiegel einstellte.


Und dann habe ich alles gerissen, verpatzt, abgewürgt und versemmelt, was man sich bei einem Fahrschüler vorstellen kann. Und das ist echt ne Menge.
Ein Buch, welches mir gerade so vorliegt, fasst einen Begriff recht passend zusammen:

Abwürgen, das: Fähigkeit, die Anfänger bis zur Perfektion beherrschen, speziell mitten in der Kreuzung ... Die anderen Autofahrer spenden daraufhin stets beifall per Hupkonzert.
Nun, ich probierte mit angezogener Handbremse anzufahren, schaltete das Fernlicht anstatt des Blinkers ein, erschreckte zwei Kinder, spülte ungewollt die Scheiben, probierte in Sackgassen, Einbahnstraßen falschherum, in Fußgängerzonen oder auch in "Für Autos verboten"-Zonen zu fahren, schaffte es vier Mal den Gang nicht richtig einzulegen und den Motor verrecken zu lassen, verschlief eine Grünphase, übersah eine durchgezogene Linie, probierte an einem Bahnübergang zu überholen und parkte so grottig ein, dass ich gleich auf der Straße hätte stehen bleiben können.

Rons Kommentare und Lobgesänge fielen ebenso karg aus, wie meine Fahrkünste am heutigen Tag erschienen.


Und als ich es endlich auf dem TÜV-Gelände zum Stillstand geschafft hatte, war es wie das Sahnehäubchen auf einer fetten Torte, als der Prüfer, der zielstrebig unser Auto aufsuchte, sich Ron beiseite nahm und eine Viertelstunde sich erst einmal mit letzterem stritt.

Fahrlehrer, der: [...] Seine Qualitäten kommen erst bei der Fahrprüfung zum Vorschein: Der ideale Fahrlehrer versteht es meisterhaft, den hinten sitzenden Prüfer in abstruse Gespräche zu verstricken und derart abzulenken, dass dieser gar nicht merkt, welchen Stuss der Prüfling zusammenfährt, sondern anschließend freudig zur bestandenen Fahrprüfung gratuliert.
So steht es geschrieben. Doch was ist der Fall, wenn es der Fahrlehrer ordentlich mit dem Fahrprüfer versemmelt hat?

Richtig.
Keine Ablenkung.
Blanke Aufmerksamkeit.
Der eiskalte Blick des Prüfers auf den aufgestellten Nackenhaaren.

Und nach einer weiteren Viertelstunde des Wartens und Hoffens war ich an der Reih.
Fast wie tiefster Sarkasmus bohrte sich der mit einem Lächeln begleitete Händedruck in mein Herz und hinterließ dieses Gefühl der Unbehagnis.

Und ich musste losfahren.
Runter von dem TÜV-Gelände und raus in die große, weite, gefährliche Welt...


!--! spannendes Musikintermezzo !--!


Blinker setzen, bremsen, umschauen. Runterschalten, anfahren, abbremsen um vor den Laster schauen zu können. Anfahren, bremsen. Abwarten, bis Autos vorbei sind. Anfahren, einlenken, stehen. Blinker nachsetzen, anfahren, dreifach absichern und links rum. Zweiter Gang. Gas. Dritter Gang. Gas. Blinker nach links zwecks Fahrstreifenwechsel, Innenspiegel, Außenspiegel und Schulterblick, rüber. Gas. Bremsen. Leerlauf zwecks Fußentspannung. Auf dem Lenkrad mit den Fingern trommeln, eine Melodie summen, dann den stechenden Blick des Prüfers durch den Rückspiegel auffangen. Schweigen. Erster Gang, anfahren. Zweiter Gang, über die Kreuzung, in die Zone 30.
Links, links, geradeaus, rechts, aufpassen, blinken, ausweichen, Fahrad vorbeilassen.

Bis jetzt kein Kommentar des Prüfers.

Blick zu Ron. Guckt grimmig. Gut? Gas. Um die Grünfläche fahren, rechts abbiegen. Ende Zone 30. Dritter Gang. Gas. Vierter Gang. Bremsen. Ampel.

"Links abbiegen bitte."

Einordnen. Grün. Pfeilampel? Keine Ahnung, abbremsen und schauen, schauen, schauen.... Nickerchen... schauen, schauen - Gas.
Zweiter Gang, Gas, dritter Gang, Gas, vier--- doch dritter und rollen lassen. Ampel. Abbiegen, wieder rechts. Autobahnbeginn. Bleifuß. Dritter, Vierter Gang. Rauf bis 90 km/h, dann fünfter Gang. Alles gut.
Schließlich Ausfahrt, gleiche wie in der Probefahrt davor. Prüfling hat dazugelernt. Schulterblick, rechts halten. Blinker setzen, ganz abbremsen, zwischen LKW und Leitplanke durchquetschen, vorfahren bis zur Ampel. Abbiegen, gerade weiter.

"Auf den TÜV-Parklatz, bitte."


Ich parke auf dem Parkplatz, von dem wir auch gestartet sind und schaue auf die Uhr.

"Mistig, das Einparken fehlt noch... "

"Geburtsdatum?"

Eine fiese Frage, mit der ich nicht gerechnet hatte. Doch nach 20 Sekunden hatte ich schon die Antwort parat. Und scheinbar im gleichen Zuge überreicht mir der Mann eine kleine, unwichtig aussehende Plastikkarte, die in unserer Gesellschaft jedoch einen unglaublich hohen Wert hat...

Nichts. Keine Beanstandung, keine Fragen, keine Kommentare. Einfach nichts. Ron schaut btw. auch nicht schlecht, er ist stolz auf mich.

Und ich stehe da, in der Mittagssonne, habe meinen Führerschein. Einfach so. Und dabei war die Generalprobe so grässlich...


Zufrieden funkelt mir der "Lappen" entgegen, in Siegespose lächle ich mir selbst ins Gesicht.
Wer darf morgen Abend nach Hause fahren? Allein? Wer hat das Privileg, die Geschwister in oberpeinlichen Auftritten von den Partys abzuholen? Wer muss nun einkaufen fahren?


Ich.


Ich war selten stolzer auf mich selbst.

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In unserer Küche

Posted by Tim E. on Sonntag, September 28, 2008
Gerade eben standen wir zu dritt in unserer Küche um den Mülleimer und schauten tief in jenen hinein, da wir soeben eine große, grüne Schimmelflechte auf dem Boden des Bottichs entdeckt hatten.

Tim: "Und nun?"
Flo: "Wir machen das wie jede Woche. Wir kaufen uns nen neuen."
Jonny: "Also ich mach den Deckel einfach drauf."

Nun, so verbleiben wir erst mal. Vielleicht haben wir ja in 2-20 Wochen feinste Erde!

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Für mich bitte Logenplätze!

Posted by Tim E. on Samstag, September 27, 2008
Sebastian und meine Wenigkeit sind heute groß ausgegangen.

Ich, gequetscht in einen Smoking meiner Wahl, mit Gamaschen und einem flotten Zylinder, natürlich mit Stock, und Sebastian, auch mit einer nicht weiter der Beschreibung nötigen Aufmachung, der meiner doch sehr ähnelte, haben uns heute mal ein wenig Kultur gegönnt. So bestellten wir uns eine Kutsche bis vor die Haustüre und ließen uns gar nobel zu jenem Konzert der Spitzenklasse fahren, wo wir uns beide nach einigen Häppchen und einem guten Glas Champagner auf den Plätzen unserer Loge breit machten und gespannt über die Reling glotzten.

Gar wie Statler und Waldorf aus der Muppetshow saßen wir dort und ließen uns berieseln von den Klängen, die ein Orchester, eine mehr oder weniger bigge Band, 40 Chorsänger und 2 Solistinnen hinlegen können.


Warum ich mich wie Statler fühlte? Oder Waldorf?

Nun, ich konnte diesem Konzert wenig Gutes abgewinnen. Und genau jenes, was mir nicht gefiel, werde ich nun hier zum Besten geben.


Es begann wohl alles mit dem Aufzug. Denn diesen fanden wir nicht, Sebastian meinte außerdem, dass er eh kaputt sei.
Trivial, ja, doch ist der erste Eindruck meistens der wichtigste.
So liefen wir die Treppen hinauf in den Aufenthaltsraum vor dem Konzertsaal und ließen die unseren Augen begierig nach einer Erfrischung über die Auslageflächen huschen. Doch statt auf einen Wasserspender oder Ähnliches zu stoßen, krallten sich unsere Blicke krampfhaft auf den Preisen fest, die selbst einen jeden Fast-Food-Laden mit seiner utopischen Kostenpalette in den Schatten stellt.

1,50 Euro für ein Becherchen Wasser, 2 stolze Euro für ein Becherchen Saft.
Somit bekomme ich für zwei Becher Apfelschorle (sprich Saft + Wasser) auch gerne einen Liter Hochgenuss mit Namen Chiquita, was wohl dem teuersten momentan erhältlichen Getränk auf dem deutschen Markt entsprechen sollte.
Nun, aber ich bin mir ja fast sicher, dass zwei Plastikbecher Apfelschorle ebenfalls nahrhaft sind...

So schlenderten wir weiter in den Konzertsaal, der uns mit einer besonderen Note der Marke "Muffige Menschen" begrüßte. Man darf es gar nicht glauben, aber nachdem wir des Röchelns müde waren, fanden wir sogar gleich einen wunderschönen Platz in der hinteren, rechten Ecke des Raumes, wo wir uns an die Wand lehnten und erwartungsvoll auf die weit, weit entfernte Bühne staunten.

Vier Stehlampen, alle eines unterschiedlichen Fabrikats, sorgten für eine mehr oder minder angenehme Atmosphäre auf der Talentfläche, und als mir Sebastian noch zuflüsterte, dass sogar die eine Lichtschleuder in dem Wohnzimmer seiner Mutter stünde, war mir klar, dass der Abend ein voller Erfolg würde: Die Show konnte beginnen!


Programm für die folgende Stunde waren Lieder von ABBA, mit einigen Stücken von ABBA und schließlich und endlich ABBA. Ich rückte meine Brille zurecht und verschränkte die Arme.
Soso, ABBA, na dann fangt mal an.

Folgenschwere Worte gestalteten die Einleitung als einen Lacher meinerseits, da die nette, sprechende Person meinte, gäbe man „bei google Abba favourites ein, so ist das erste Ergebnis die heutige Veranstaltung“. Ich habe es gegoogelt. Mit meinem Handy. Und das Erste, was ich fand, war „Celebrity Guest Djs Play Their Abba Favorites“. Ah ja.
Vielleicht hatte ich mich auch vertippt, denn Sebastian fand bei seiner Handysuche etwas anderes, allerdings war der CJD-Abend erst an fünfter Stelle. Schade.

Als die Verbindung urplötzlich abbrach, das Konzert hatte begonnen, was nicht unbedingt ein Grund sein muss, ließen wir die ersten Impressionen der Musikkultur auf uns einströmen wie die Tropfen auf einem nach Regen geifernden Gesicht aufkommen und zerplatzen. Wie Kinder im Regen standen wir da, uns nach dem kühlen Nass streckend, die Zunge heraushaltend, um den Geschmack des einen oder anderen Tropfens zu erhaschen.

Unser einziger Fehler war, dass wir uns in der Stadt befanden, der Regen viel zu warm und ekelig war und nach Mief schmeckte.

Im übertragenen Sinne heißt das: Der Techniker, übrigens obercool durch Bling-Bling, Baggyshorts und Cappy aufm Kopp, verhunzte die Lautstärke phänomenal, die Gastband, die passenderweise „Die Band ohne Namen“ (o.Ä.) hieß, klimperte und schrammelte falsch drein und der Chor presste ein Lied heraus, welches mich nur unschwer an die Probephasen der Instrumente eines Orchesters vor dem Auftritt erinnerte. Ihr wisst schon, der Teil, wo alle durcheinander spielen. Nicht die Probe.

Um ehrlich zu sein: Der Chor war gar nicht so schlecht. Doch konnte ich überhaupt nicht erkennen, was sie da sangen. Also eine Melodie war vorhanden, aber was sollte sie darstellen? Krampfhaft begab ich mich in die Musikanalysephase, in der jede Stimme gekonnt analysiert und interpretiert, letzteres wohl weniger, wird.
Und dann fand ich in einer der Männerstimmen, die vielleicht von fünf Männern gesungen wurde, während annähernd 30-40 Frauen darüberträllerten, die Hauptstimme des Stückes.

Mit einem Aufseufzen lehnte ich mich zufrieden zurück. Aah, das Lied ist es also. Aber einen Moment, bitte, wie sollen denn die Anderen, die kein musikalisches Gehör haben, das Lied erkennen?
Richtig. Sie hatten keine Chance. Meine Schnellumfrage, die aus dem Betrachten diverser Gesichter bestand, hatte als Ergebnis, dass etwa 70 bis 80% der Befragten keine Ahnung hatten, welches Lied sie da hörten.

Aber schön, jaja. The party must go on, oder wie es so schön heißt, also ohne Verluste weitersingen. Und so gingen wir im Sauseschritt auf die Halbzeit zu, mindestens eine Handvoll Zuhörer hatten bereits den Saal verlassen, darunter auch die Leiterin der ganzen Veranstaltung.
Nun, sie ist eine beschäftigte Frau, sicherlich hatte sie noch dringende Dinge zu erledigen…. Schlafen oder so.

Und urplötzlich, ich hatte mich gerade auf dem Boden niedergelassen und spielte mit drei Staubmäusen eine Runde „Mensch, ärgere dich nicht“, wurde das Konzept herumgerissen, wie eine Trompete in einem Streichkonzert schallte es von den Wänden wieder.
Apropos Trompete, ich weiß nicht, was der Gitarrist der namenlosen Band mit seiner Klampfe angestellt hatte, aber sie klang wie ein verrostetes, angeschossenes Blasinstrument… nun ja, das nur am Rande.
Was ich eigentlich ausdrücken wollte, war die Veränderung in der Vorstellung. Als ich mich erhoben hatte, saßen die Chorsänger und an ihrer statt standen in der mehr oder weniger Mitte der Bühne zwei Damen, gekleidet in wunderschön blinkenden und funkelnden Kleidern, an denen jede Elster oder Motte gerne einmal genascht hätte.

Tiefe Löcher, die an Münder erinnern könnten, öffneten sich mitten in den Gesichtern der Beiden und zwei Klänge, wie Sirenengeschrei, entfuhren den Untiefen dieser Klüfte. Die kleine, dünne 15-jährige seufzte alsbald einen sachten Todeskuss in das Mikrofon, während sie die Fusselboa auf ihren Armen schleuderte und ungeheuer sexy wirkte. Fast wären die Staubmäuse ausgeflippt.
Und neben ihr hob auch ihre Mitsängerin die Stimme gen Himmel, jedoch mit dem etwa zehnfachen Stimmvolumen. Die Erste dann noch hören? Keine Chance. Eine Kombination ohnegleichen, vielleicht versteht ihr, warum ich so überrascht war.

So prügelte sich das Duo durch Sphären der Gesangskunst, in schwindelerregende Höhen (mir wurde wirklich schlecht), aber auch in Tiefen, die eher gebrummt klangen als gesungen. Doch als wäre dies nicht genug meinte unser achso toller DJ am Technikpult, Lautstärkeänderungen einbauen zu müssen – vielleicht war er auch einfach zu unfähig, um eine kontinuierliche Lautstärke zu halten, ich weiß es nicht.

Und dann, endlich, als unser Dreamteam geendet und unter bravem Applaus die Bühne verlassen hatte, konnte ich auch wieder aus meinem Versteck, bestehend aus Händen vor den Ohren, hervorkommen.

Die folgende halbe Stunde umschreibe ich lieber im Stakkato, da ich sonst Gefahr laufe, abzuschweifen:

Der Chor kommt wieder auf die Bühne, beginnt zu trällern, der Bass der namentlich hier nicht zu erwähnenden Band hat ein Delay von +/- 0,5 Sekunden und kann nicht spielen, die Gitarre klingt immer noch blechern.
Während sich das Keyboard durch fiese Dissonanzen schraubt, scheint der Chor in G-Dur zu singen, während das Orchester wohl in F-Dur spielt, aber immerhin klingt es gut abgerundet mit der dissonanten Klavierimitation aus Plastik.

Schließlich kommt wieder eine Solistin auf die Bühne, hinter vielversprechendem Lächeln versteckt sie das eigentliche Lied, doch dem Dirigenten scheint dies alles zu langsam, kurzerhand verkürzt er die eigentliche Pause und gibt einfach mal nebenbei den Einsatz für die Sängerin. Die, mehr oder weniger verwirrt, verpasst den Einsatz, fliegt aus der Zeile und findet für 15 Sekunden den Einsatz nicht wieder – tragisch, aber unterhaltsam.

Applaus, applaus, Manege frei und schließlich wieder Chor, Geträller, der Mann, der für die Kameras zuständig ist spielt auf seinen Monitoren mit einem kleinen Mädchen Pacman oder so etwas, Sebastian und ich lachen uns tot, und alles findet langsam ein Ende.

Round about 50 Zuschauer, 2 ½ schwenken mit Feuerzeugen, alle wippen mit und wir ziehen uns wieder die Kleidung an, die wir voller Enthusiasmus fallen ließen, um mitzutanzen.

Endlich.

Ach owei, ich meine natürlich „Leider.“


Doch was könnte den Abend denn mehr versüßen als ein Dirigent voller Tatendrang, der da sagt: „Nun, wir haben auch noch eine Zugabe eingeübt, die können wir eigentlich auch noch zum Besten geben!“

Zugabe, die: „Ein Ausruf der tobenden Menge, der nach mehr ist. Eine Zugabe wird gefordert, wenn die Darbietung Gefallen gefunden hat.“

Wir haben nicht gerufen. Wir wollten keine Zugabe. Eigentlich wollten wir nur raus und unsere an den Gaumen gepappten Zungen mit einem Getränk (günstigem Getränk, wohlgemerkt!) unserer Wahl lösen – doch nein.

So plärren die Guten noch lockere 5 Minuten weiter, die Menge ist außer Rand und Band, die Türsteher haben Mühe, die Türen geschlossen zu halten.

Irgendwann muss die Leiterin einen Weg hineingefunden haben, denn sie ist wieder da und unterhält sich ausgelassen mit einigen Damen von Welt. Klar, sie ist ja auch ausgeschlafen und sitt.


Doch auch der schönste Abend muss einmal enden. Wir verdrücken uns einfach klammheimlich und suchen das Klo auf. Nachdem wir einem kleinen Jungen die Tür gegen den Kopf geknallt (unabsichtlich) und ihn ausgeschmissen haben (absichtlich), trinken wir das Braunschweiger Rohrsystem leer und verlassen diesen herrlichen Ort so schnell, wie unsere Beine uns tragen können.


Das Fazit des Abends?

Bei der nächsten Vorstellung, die wir uns anhören werden, hätten wir gerne Logenplätze. Schön weit vorne, sodass jeder hören kann, wenn wir meckern.


Doch damit sich einige nicht aufregen, werde ich jetzt noch sagen, dass nicht alles schlecht war. Wirklich nicht. Ich habe bei „Mensch ärgere dich nicht“ gewonnen!

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In meinem Kopf fällt schon Schnee

Posted by Tim E. on Sonntag, September 14, 2008
Die Nase läuft, als ich mich des Morgens erhebe. Das Außenthermometer zeigt angenehme 12°C, der Himmel ist in einem eintönig Grau gehalten und der Bäume sonst so saftig grün erscheint blass und matt.

Der nahe gelegene Aldimarkt hat jene Leckereien in sein Sortiment aufgenommen, die einem jeden bekannt sein sollten als "Weihnachtsgebäck"; Spekulatius, Lebkuchen und diese runden, mit bunten Perlen besetzten Schokokringel.

Und nicht nur ich habe das Gefühl, dass Weihnachten und der Winter soeben begonnen haben - es ist zwar schon nach 18 Uhr, doch immer noch laufen alle in Bademänteln durch die Gegend, teils aus einer sich stetig nähernden Erkältungswelle, die schon die ersten Opfer gefunden hat, teils aus Faulheit, die zu dieser Jahreszeit einfach in den Knochen liegt.

Winter... ich verbinde mit ihm den Geruch nach Gebäck, feinem Lebkuchen und Tannennadeln; diese kalte Luft, die sich den Weg von der Straße in das Zimmer sucht, aber auch diesen Erkältungsgeruch, der einem ständig in der Nase hängt...
Morgens, wenn man in die Schule muss, ist es noch dunkel und wenn man um 15:30 aus der Schule kommt, dämmert es schon fast...

Wenn ich mir all das anschaue, was jetzt schon davon zutrifft, so muss ich sagen:


Der Winter hat für mich soeben begonnen.


In meinem Kopf fällt schon der Schnee. Unmengen feiner, kleiner Flocken. Ich freue mich auf den Winter.

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Dinge, die schmerzen

Posted by Tim E. on Dienstag, September 09, 2008
Eben hat mich meine Freundin angerufen...
und?
Meinte so, ich glaub es geht einfach nicht mehr...
looool
-.- Das beste komm ja noch. Ich fragte wieso.
Darauf sie "Du bist einfach zu nett. Ich hab 'nen Drang nach nem Arschlochfreund!
ROFL
-.-


Man sollte sich wirklich Gedanken um einige Individuen auf dieser feinen Erde machen... irgendetwas scheint nicht ganz zu funktionieren hier.

Echt mal.

Sich von einem Arschloch beleidigen, erniedrigen und schlagen lassen, damit dann zu einem netten Kumpel gehen, sich Stunde um Stunde aufmuntern lassen, um schließlich zu dem Arschloch zurückzukehren...


Diese Welt ist echt krank... während die Kriegskekse und Asozialenkleckse auf der Straße sowohl die Macht als auch die Mädchen haben, sitzen die netten Leute allein in ihren Zimmern und verrotten dort in feiner Einsamkeit.

Sollte das normal sein?


Ich finde nicht. Naja, ich hab nicht so viel Zeit, um das länger zu umschreiben...
gleich kommt ne gute Freundin vorbei, die heute verlassen wurde... ich werde sie wohl trösten.

Und dann wird sie um etwa 3:43 Uhr gehen und sich den ersten Macker schnappen.


Gott sei Dank bin ich nicht gutmütig und nett. Wirklich nicht.

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Eine ganze Menge Blut

Posted by Tim E. on Donnerstag, September 04, 2008
Um unseren Patienten den Aufenthalt so angenehm wie möglich zu gestalten, bringen wir Ihnen gerne Taschentücher an die Liege.


So oder so ähnlich prangt ein kleines Schild in dem Raum.
Ich, der es sich auf einer Liege bequem gemacht hat, hegt großes Interesse in einem solchen Service. Wenn ich hier eh nur rumliege und nichts tue, warum sollte ich dann nicht noch etwas Spaß haben?

"Entschuldigung? Könnte ich bitte ein paar Taschentücher haben? Ich will ja nicht alles vollsauen, wenn ich mich gleich 'beglücke'."

"Natürlich, dafür sind die Dinger ja da!"


So oder so ähnlich lief das ganze in meiner Fantasie ab. Wer bietet denn Taschentücher als Komfortleistung an? Darauf kommen doch nur... ja wo bin ich denn überhaupt?



Ich befinde mich in horizontaler Lage, die Füße höher als der Oberkörper. Schnell geht mein Puls, meine Augen rasen hin und her.

"Wo bin ich? Was mache ich hier?"


Gleißendes Weiß, von überall scheint es mir fies entgegen. Mein Blick fällt auf meinen linken Arm. Doch als ich mich krampfend feststarre an dem Schlauch, welcher aus meiner Armbeuge ragt und sich windend in eine grausam ratternde Maschine mit vielen, beweglichen Teilchen führt, und die wabernde Flüssigkeit saftigen Rotes beobachte, wie es meinem Körper entrissen wird, nimmt ein mulmiges Gefühl in meinem Magensessel Platz.

"Wurde ich entführt? Was macht man mit dem ganzen Blut? Warum gerade ich?"


Solche und noch mehr Fragen stoben durch den Kopf, als man mir auch den letzten Rest des Lebenssaftes aus dem Adern saugt.

Mit einem Schmatzen fliegen noch drei, vier, fünf Tropfen durch den Kanal, dann ist es vorbei.



"So, das Blut wird jetzt wieder zurückgepumpt, das könnte etwas kribbeln. Bloß keine Angst!"



So spricht die Dame in weiß und geht zu meinem Nebenmann. Überhaupt ist der ganze Raum voller Leute in horizontal, denen Blut aus den Armen gesogen und wieder gepumpt wird.

Warum?

Ich will es euch sagen.



Ich spende in diesem Augeblick Blutplasma - also nicht Blut, sondern nur das Plasma, welches durch eine Zentrifuge aus meinem Blut gewonnen wird. Anschließend kehrt das plasmaarme Blut in meinen Körper zurück und schwimmt fröhlich weiter - ich werde schon wieder Plasma nachproduzieren.

Ich liege hier, weil mich jemand geworben hatte. Dabei hatte Jonny nicht nur mich überzeugen können, sondern auch Ole, Daniel und Flo... und sich somit nebenbei eine goldene Nase verdient.

Zwar dauert es eine gute Weile, bis ich meine 750 ml Blutplasma abgegeben habe (~1 Stunde), und ist auch der Schmerz nach der Benadelung etwas ungewohnt und unangenehm, doch gehe ich irgendwie erleichtert und um einige Taler reicher mit einem feinen Druckverband aus dem Gebäude.


Plasma zu spenden ist schon was komisches. Es ist wie eine Blutabnahme, aber wesentlich bekömmlicher für den Körper, da er kein Blut verliert. Und ich helfe einigen Menschen wirklich! Nebenbei verdien ich auch noch Geld, aber das ist, wirklich, nur nebenbei. Und doch gebe ich mal eben einen Teil des Saftes, der uns alle am Leben hält. Einfach so. Verrückt.



Apfelsaft in der einen, ein Handy in der anderen Hand verlasse ich die Spendestelle. Ich fühle mich nicht schummerig oder schwindelig, vielleicht etwas hungrig.

Eventuell kaufe ich mir jetzt einen Cheeseburger. Oder zwei. Oder gleich etwas mehr. Denn wenn mir irgendetwas den Appetit nicht verdorben hat, dann die Blutplasmaspende.



Und wenn ich mir jetzt, knapp 8 Stunden nach der Entnahme, die Stichstelle anschaue, so weiß ich bestimmt:

Ich werde noch viele Liter des Plasmas spenden!

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Iglo ist Igol. Und Igol ist wohlhabend.

Posted by Tim E. on Montag, August 18, 2008
Mein Charakter Iglo Wetterstedt sollte nicht angenommen werden.
Zurückstellungsgründe: Der Name erinnere doch zu sehr an einen Fischstäbchenhersteller. Dabei ist Iglo Wetterstedt lediglich Angler und somit nicht mal Fischer, also Kapitän eines Schiffes.

Nun, nach einem kleinen Protest (Achtung, eingeschobenes Trauergedicht!)

Getrübt und gar verschmiert von Tränen
blickt ein Gesicht zum Himmel rauf
und fragt, warum sie ihn nicht nehmen
des Iglos tragisch Lebenslauf.

Exzellent sei die Geschichte,
voll von Spannung, Trauer, Leid
doch sei der Name nicht der richt’ge
so schob man den Fischer stumm beiseit‘.

Hat er jenen Namen ausgewählt?
Das Schicksal ihn doch frei bestimmt
und wegen des Namens er verschmät
wird und kein Gott an ihn nimmt.

Wie soll man denn an Gerechtigkeit glauben,
wenn sogar schon der liebe Gott
einen Namen wird nicht erlauben
und schickt den Burschen wieder fort?

Wenn lediglich der Name zählt,
all die Schicksale umsonst geschahen?
Den Lebenslauf man vergebens gewählt
da alle nur auf den Namen sahen.

Ein jeder sollte in sich gehen
in Dingen „Bewusste Selektion“
und sollt ein Name schon bestehen
würd ich mich fragen: Wen stört das schon?


wurde ich jedoch überzeugt, den Namen ein wenig abzuändern. Fortan heißt der geplante Iglo Wetterstedt nicht mehr Iglo, sondern Igol.

Eine grandiose Änderung, nicht wahr? Richtig.


Nun fing ich an, den verschrobenen Angler Igol zu spielen. Anfänglich etwas verloren auf der Insel Siebenwind gewöhnte er sich recht schnell an die Gefahren und den Weg zwischen Fangstätte und Marktplatz, den er ab diesem Tag des Öfteren zu laufen hatte.

Schließlich gelang Igol der erste Verkauf. Ein geräucherter Aal sollte es sein, zu 25 Dukaten das Stück. Der Aal war zwar noch aus meinem Startpaket, also nicht selbst gefangen, und 25 Dukaten maßlos überteuert, aber ich konnte das Tier verkaufen.

Der erste "eigene" Verkauf waren 5 Fischfilets zu insgesamt 150 Dukaten (ebenfalls recht teuer).

Und so freute ich mich, schlenderte mit meinen schätzungsweise 450 Dukaten durch die Hauptstadt und wusste nicht, was tun mit dem Geld.


Und dann kam der Herzog.
Und ein Ritter.
Und sie gaben Igol 2000 Dukaten für eine schöne Menge Fisch.


Das war der Beginn der "wohlhabenden" Ära. Igol musste zwar die ganze Nacht fischen (ingame natürlich, in echt brauchte ich wohl zwei Stunden), aber schließlich hatte ich 50 Filets von verschiedensten Fischen hergestellt und bei der Hofküche abgegeben.

2000 Dukaten.

Ich habe mir heute eine endophalische Hose sowie ein verziertes Hemd und zwei verschiedene Hüte gekauft. Diese sollten lediglich 195 Dukaten kosten.

So saß Igol auf einem Haufen Geld.

Der Abend des (echten) Tages verlief eigentlich anfänglich recht ruhig. Da ich ungglaublich dreist in der Ingamenacht den halben Fischbestand der Insel aufgefischt hatte, wollte ich mich zurückhalten, um nicht noch mehr aufzufallen und schlich nur ein wenig in den Städten umher. Doch irgendwann überkam mich dieser Tatendrang, sodass ich wieder auf den Marktplatz des Ruhmes schlenderte.

Da Iglos Fischbestand 0 betrug, musste ich anderen Kram verkaufen, den mir vielleicht zwar keiner abnimmt, der jedoch einfach ein wenig Spaß in das öde Marktplatzleben bringt.

So versuchte sich Igol Wetterstedt als Trödelverkäufer und präsentierte all jenes, was er mitsamt der Fische aus dem Wasser gezogen hatte:
Rostige Pfannen und Töpfe, alte Schuhe, Krüge und auch wenige Perlen und Fischernetze.


Niemand konnte ahnen, dass ich noch an diesem Abend so viel Geld verdienen sollte.
Schon gar nicht Marc, mein guter Freund, der neben mir saß und sich fürchterlich über mein "Anfängerglück" und die 2000 Dukaten aufregte.

Doch trat ein Mann an meinen Stand, der wohl schon seit mindestens 10 Jahren Siebenwind spielen muss, da ihm wohl alles gehört, was einer Privatperson auf der Insel gehören kann.
Und eben jener bot mir 400 Dukaten für eine Perle. EINE. Igol hatte fünf.

Solltest du mehr als 1000 Dukaten mit diesem Getrödel machen, fliegst du direkt aus dem Fenster über den Balkon.


Zitat eines jungen Herrn neben mir, der diese Worte einige Momente vor Auftreten des Reichen an mich richtete. Oh, welch Unglück für mich!



Es sei nur so viel gesagt: Igol Wetterstedt trägt fortan feine Kleidung, hat einen nicht zu verachtenden Goldhaufen in seiner Bank, nur noch zwei Perlen ruhen in seinem Inventar. Dennoch flog ich nicht aus dem Fenster. Ich behalte mir vor, wie ich mich aus dieser Zwickmühle wand.


Zuguterletzt noch ein Screenshot meines wohlhabenden Fischers.

Igol Wetterstedt, Angler (fast) zu Hofe Falkensees.

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Die Geschichte von Iglo Wetterstedt

Posted by Tim E. on Sonntag, August 10, 2008
Es ist noch nicht allzu lange her, da schrieb ich die Charaktergeschichte von Fandras Lorano Buchenblatt. Doch schnell entstand der Wunsch nach einer anderen Persönlichkeit, die sich ebenfalls in dem MMORPG Ultima Online spielen lässt.

So entstand die folgende Geschichte von Iglo Wetterstedt.
Viel Spaß beim Lesen der nächsten 30.248 Zeichen, verpackt in 5.466 Wörtern :-)



Kapitel 1 – Vom reichen Spieler

Dem Großbauern Themand Wetterstedt war am 13. Carmar im Jahre 116 nach Gernod ein Sohn geboren worden.
Aus seinen blassblauen Augen sah er seine Mutter, begeistert von der großen Welt, an, und niemand hätte zu dem Zeitpunkt geglaubt, was für ein verschusselter Versager einmal aus ihm würde.
Als der Großvater väterlicherseits des Kleinen die ersten beiden Buchtstaben seines Vornamens, Igolf Wetterstedt und die Großmutter die Anfangsbuchstaben ihrer Vornamen, Lorena Olga Zeinmeiter, gegeben hatten, wurde der Junge von einem Geweihten der Viere empfangen und hörte fortan auf den Namen Iglo Wetterstedt. Zweifellos ein ungewohnter Name, gefiel er dem Vater sehr. Kurz und bündig, gut zu rufen und außerdem in der Buchstabenanzahl der Menge der Götter entsprechend – so mochte es der betagte Herr.

So wuchs Iglo unter dem Schutz seiner liebevollen und verhätschelnden Mutter Inis Wetterstedt auf, ein Geschwisterkind war ihm jedoch nie geschenkt. Ausgiebig spielte er auf Feldern und Wiesen, von denen doch so viele seinem Vater gehörten. Er kletterte zwischen Bäumen, jagte Vögel und anders Getier und war der typische, junge Knabe, den man von einem Großbauern erwarten könne.
Ihm standen die weiten, kostbaren Kleidungsstücke, die ihm geschenkt wurden, und er mochte auch gerne das großzügig zu Tisch getragene Essen; den Hasen in Pilzrahm mit Knödeln, die Vogelbrust in Tomatensoße oder auch den „Vagabundenspieß“, bestehend aus verschiedensten Fleischsorten, gesteckt auf einen Spieß und gebraten.

Als Iglo schließlich 7 Jahre alt wurde, ließ sein Vater ihn nicht in die nächste Schule gehen, sondern ihn von dem Privatlehrer Jon Bachfolg unterrichten.
Trotz der interessanten und inhaltsvollen Beiträge des wahrhaftig guten Lehrers war Iglo schnell den Unterricht leid und zunehmend verpasste er zunächst „unabsichtlich“, später ganz offensichtlich den Unterricht. Stattdessen beschaute er Landarbeiter auf nahen Feldern bei der Arbeit, schmiss mit Steinen nach Vögeln und prügelte sich auch gerne mit einzelnen Kindern, die er abseits der Höfe traf.

So wuchs der Junge im Wohlstand auf, lebte in seiner eigenen Welt, statt zu lernen und sich zu bilden und entwickelte sich zu einem leicht verwöhnten, schwer zufriedenzustellenden, jungen Mann.
Mit wachsender Größe und Reife erlaubte es Themand zunehmend, die Angelegenheiten des Großgrundbesitzers zu verwalten und in die nahe gelegene Papin-Stadt zu reiten, um dort einzukaufen, sich umzuschauen oder Bestellungen und kleineren Handwerksaufträgen nachzugehen.

So dachte der Vater jedenfalls und so war es auch eine gute, lange Zeit.

Doch Iglo musste eines Tages einem Ganoven und Halunken in die offenen Arme gelaufen sein, denn immer öfter ließ er sich in den zwielichtigen Hinterzimmern der Absteige „Zur Blutbuche“ blicken, die als Räume für nicht ganz legale Glücksspiele und Wetten galten.

Anfänglich mit geringen Einsätzen, doch mit steigendem Spielinteresse und gestärktem Suchtverhalten immer höhere Summen investierend – und meistens verlierend, musste Iglo, der inzwischen seinen Vater nicht länger um stattliche Summen erleichtern konnte, ohne dass dieser den Grund erfuhr, einen schnellen Ausweg finden.
Die Lösung des Problems war ein fetter Geldverleiher namens Smiek. Iglo konnte den üblen Kerl zwar nie leiden, doch er lieh ihm genügend Geld für die eine oder andere Runde. Zwar gewann Iglo mehrere Male in Folge eine beachtliche Menge Bares, jedoch schwand die Glückssträhne ebenso schnell, wie sie begann. Die folgenden Monate, bestehend hauptsächlich aus Verlusten statt Gewinnen und einer Krankheitswelle, die viele Landarbeiter heimsuchte, waren nicht positiv für Vater und Sohn Wetterstedt. Doch Themand hatte vorgesorgt, auch bei Verzögerungen der Zahlung der Pacht konnte er sich weiterhin Großzügiges leisten. Sein Sohn Iglo jedoch bekam zum ersten Male Besuch von dem nach altem Mobiliar riechenden Herrn Smiek.
Immerhin war Themand nicht zuhause, sodass Iglo den Herren ohne des Vaters Wissen abhandeln konnte – jedoch nicht, ohne ein Ultimatum für die Rückzahlung des Geldes einzustecken.

Dies war der Anfang des Soges in den Strudel der Schulden. Iglo Wetterstedt, Sohn eines wohlhabenden Großbauern, war im stattlichen Alter von 32 Jahren so verschuldet und arm wie ein übel vom Schicksal getroffener Landarbeiter des Fürstentums Malthust es in 10 Jahren nicht hätte schaffen können.

Nichtsdestoweniger erkannte Iglo nicht, in welche Sphären der Gefahr er sich mit jeder ins Spiel investierten Münze schleuderte.

Doch schließlich, an einem dunklen Nachmittag des frühen Dular im Jahre 11 nach Hilgorad, veränderte sich das Leben des trotteligen Jungen gravierend.
Mit seinen Spielfreunden an einem Tisch sitzend und Karten spielend fand Izaac Steenwaht den fein gekleideten Iglo in einem rauchigen Raum des Gasthauses „Der brummende Bär“. Schon lange beschränkte Iglo sich nicht mehr auf ein oder zwei Spielstätten, sondern war Stammgast in vielen Spelunken und Kneipen, aber auch Gasthäusern und Wirtschaften, in denen gespielt wurde.
Izaac wartete nicht, bis das Spiel geendet hatte und packte Wetterstedt junior ruppig an der rechten Schulter. Dessen Kopf wanderte hoch, bis er den Blick des Gläubigers striff und das Gesicht nahm erschreckte Züge an. „Draußen warten ein paar Freunde auf dich, du solltest sie nicht allzu lange warten lassen, he?“, waren die Worte, die aus dem grimmigen Antlitz des fade angezogenen, flachgesichtigen Typen gestochen kamen. Etwas bleich um die Nase ließ sich Iglo mühelos aus seinem Stuhl hoch- und vor die Tür des Hinterraumes ziehen.
Seine Beine wurden schwach. Wie bei einer Feier standen die Gäste mit erhobenen Gläsern und einem Trinkspruch auf den Lippen im Halbkreis im angrenzenden Schenkraum um ihn, nur leider waren die Gläser größtenteils Gehstöcke, der Trinkspruch ein zuckender Mundwinkel und die fröhlichen Gäste verärgerte und verbitterte Geldleiher, die das Geld, dass sie einst gaben, wiedersehen wollten. Und das auf möglichst schnelle und unkomplizierte Weise.
Der Mann, der vor ihnen stand, war zwar fein gekleidet, doch roch man die Angst, die er ausdünstete und man konnte quasi sehen, dass sein Geldbeutel de facto leerer als der Magen eines endophalischen Bettelknaben war.
Iglo wusste, was die Männer wollten. Und er wusste auch, wie viel sie verlangten. Lange schon drückte er sich vor der Rückzahlung an die einzelnen Männer, denn er hatte das Geld nicht. Weder hier, noch an irgendeinem anderen Ort. Der Schweiß brach ihm in Sturzbächen aus dem Körper hervor und wand sich spielerisch um Haut und Haar, als die Männer mit abwartenden Mienen sich auf die Stöcke stützen oder kaum merkbar die eine oder andere Augenbraue hoben.
Bevor jedoch Iglos Beine endgültig der psychischen Belastung, die er nicht gewohnt war, nachgaben, fasste er, wohl eher intuitiv, den einzigen Weg, der ihm offen blieb – er floh.

Leicht zusammensackend und mit seinem Gewicht gegen den mittleren Mann rempelnd, brach er durch die Mauer der Schuld und rannte, wie er noch nie gerannt war. Er verließ das Gasthaus, ohne sich von seinem netten Besitzer zu verabschieden, aber noch ein paar Stühle umschmeißend, damit die Verfolger kein leichtes Spiel in der Jagd auf ihn hatten.
Schnell begann sein Atem keuchend zu werden, als sich sein etwas dicklicher Körper ungebremst um Hindernisse wand, um Ecken preschte und alles, was sich ihm in den Weg stellte und nicht mehr umgangen werden konnte, umrannte. Er hörte die zornerfüllten Stimmen, die ihm Halt hinterher gellten, doch er dachte nicht im Traume daran, dieser ausdrucksstarken Bitte nachzukommen. Beim letzten Umsehen, bevor er sich in einen Gebäudeeingang drängte und darinstehende Menschen zurückstieß, konnte er noch flüchtig erkennen, dass der hagere Izaac etwa 30 Meter hinter ihm hing und gerade probierte, an einer aufgescheuchten Gruppe Mütter vorbeizukommen. Je weiter Iglo in das Gebäude eindrang, desto deutlicher wurde der Zweck des Schuppens. Er war in eine Abfertigungshalle des Hafens gelangt, in der alle erdenkbaren Handelsgüter verpackt, gelagert und verschickt wurden. Verzweifelt und der Kräfte am Ende bahnte er sich Wege zwischen Kisten, Kartons, Verpackungen und anderen Behältnissen, doch plötzlich gab es kein Weiterkommen. Der Weg war durch Berge von Kisten versperrt, der Raum hatte ein Ende. Er war direkt in eine Sackgasse gerannt, deren Ausweg geradewegs in die Arme der Jäger reichte.

Jetzt, wo Iglo stand, merkte er erst, wie stark er schwitzte und wie erschöpft er war. Hastig blickte er sich um, ihm blieb nicht mehr viel Zeit. Sein Blick wanderte über die Holzkisten, suchend nach einer Stelle, die sich durchbrechen ließ, nach einem Vorsprung oder einem Fenster, sodass er aus der Falle entkommen konnte, doch seine Augen fanden nicht den erwünschten Fluchtweg. Stattdessen fing eine große, scheinbar unverschlossene Kiste seine Blicke ein und Iglo wurde vor die letzte Entscheidung seiner Jagd und Flucht gestellt. In die Kiste – oder lieber nicht? Gefangen werden und schrecklich büßen – oder verstecken und eventuell entkommen? Er wusste, wie sein Entschluss auszusehen hatte. Was könne ihm denn schon passieren? Mit einem Satz war er bei der Kiste angekommen, riss den wuchtigen Deckel so weit empor, dass genug Platz entstand, um in den Behälter zu entschwinden, und schloss ihn so sorgfältig, wie es ihm in der Eile möglich war.
Sein Herz pochte ihm bis zum Hals und sein Atem ging laut und schnell. Krampfhaft probierte er, leiser und ruhiger zu atmen, doch der unsportlich gewordene Körper gab keine Ruhe. Zudem war seine Position unbequem, doch dieser notwendige Umstand immer noch bekömmlicher für seinen eh schon rebellierenden Magen, als die Gefangenschaft zwischen zwei Händen voll Menschen, die ihm das Fell über die Ohren ziehen wollten. Mit einem inneren Seufzen und dem Hoffen, nicht entdeckt zu werden, horchte Iglo, soweit es seine dröhnenden Ohren zuließen, in die Außenwelt, doch er konnte keine Schritte hören, keine durchdringenden Rufe, einfach nichts, was beunruhigend währe. Als Iglo bemerkte, dass er unwissentlich die Luft angehalten hatte und sich jetzt sein Kopf mit einer unangenehmen Schwärze vor Augen bedankte, ließ er die Luft laut seufzend aus den Lungen fahren und war gerade in Begriff, die seltsam riechende, aber dennoch frische Luft einzusaugen, als er die vertraute, ölige Stimme von Smiek beinahe neben seinem Kopfe vernahm. Das Herz schien stehen zu bleiben und der Gefangene dachte für einen Moment, er müsse sterben, so erschreckend klar waren die Laute neben den Behältnissen. Doch zwischen die Stimmen, die so verärgert und hasserfüllt dem Zorne ihrer Herren Nachdruck gaben, mischte sich ein anderes Geräusch. Ein Geräusch des Klimperns und Klirrens. Erst als ein Schlag Iglos Gefängnis erschütterte, wusste jener, dass die Kiste soeben vernagelt und verschraubt wurde, bereit, eine weite Reise auf sich zu nehmen – oder lange zu ruhen.
Mit einem mächtigen Ruck wurde die Kiste emporgestemmt, Iglo spürte es in seinem geschwächten Magen. Wankend wurde sie bewegt, eine ganze Weile, während die Stimmen der Gläubiger immer schwächer wurden und in der unbekannten Ferne verschwanden. Schließlich donnerte der Kasten unsanft auf einen harten Untergrund und bewegte sich nicht mehr. Doch das verdiente Aufatmen blieb aus. „Seit wann wiegen denn ne Kiste Thunfische so viel an Gewicht, wat Pjete? Die Viecher werden immer fetter, werden die, ha!“, lachte einer der Träger und entfernte sich schon wieder von dem unscheinbaren Versteck.

Thunfisch? Zum ersten Male fasste Iglo die Zeit, sich den weichen Untergrund genauer anzusehen, soweit es die vereinzelten, durch die Bretterlatten fallenden Lichtstrahlen der untergehenden Sonne noch zuließen.

Thunfisch.

Iglo Wetterstedt, Sohn des wohlhabenden und bekannten Großbauern Themand Wetterstedt war gefangen in einer Kiste, gefüllt mit totem Thunfisch.

Er mochte keinen Thunfisch.




Kapitel 2 – Vom Versager zum Verrückten

Iglo war noch weitere Male umgeladen worden und befand sich jetzt mit ziemlicher Sicherheit auf einem Schiff in das Nirgendwo, das gleichmäßige Schaukeln und der fiese, penetrante Geruch der labberigen Thunfische, die einen schrecklich blümeranten Einfluss auf den Magen Iglos hatten, verlangten dessen ganze Konzentration. Inzwischen war mindestens ein Tag vergangen, wenn nicht sogar schon etwas mehr, und Iglo begann, den stinkigen, schlechtschmeckenden, schuppigen Thunfisch richtig zu hassen. Natürlich hatte er gerufen und geschrien und um Hilfe gebettelt, doch entweder war er selbst für eine Gottheit zu tief im Laderaum des Schiffes vergraben, oder die Matrosen wollten ihn nicht hören – augenscheinlich half ihm keiner. Und somit saß er den lieben, langen Tag da und beglotzte in dem dämmrigen Licht, er vermutete eine Fackel oder Ähnliches, die leblosen, schlaffen Fische. Wie sie da lagen, so labberig, so ekelerregend, so tot … und auch wenn der Fisch selbst interessant aussah, war doch das, was so viele Kreaturen mit Freuden verspeisten, widerlichster Fraß. Und nun sollte er mit diesen Abscheulichkeiten, die so unbeherrscht die feine Kleidung aus Übersee besabberten und ihren fauligen Geruch in den sanften Stoff abgaben, auf einem Kahn, der ins Irgendwo im Nirgendwo schaukelte, wahrscheinlich die Reste seiner Tage verbringen?
Iglo hatte keine Lust mehr. Sein Leben war eine einzige Katastrophe gewesen, von dem Tag an, als er das Hinterzimmer der „Blutbuche“ betrat. Er schüttelte den Kopf. Wie konnte er nur so tief sinken? Verschuldet, wie wahrscheinlich kein anderer im Land, hatte er sich den Großen, denen mit Geld und Macht, gebeugt und somit seinen Willen verkauft… Iglo nahm zornig eines der abstoßenden Flossenwesen und klatschte es mit aller Kraft gegen die massiven Holzlatten.
Mit einem Knirschen barsten die Gräten des kleinen, unschuldigen, toten Tieres und Iglo hielt einen grotesk wackeligen Silberschweif in seiner rechten Hand. Wieder und wieder ließ er den Fisch gegen die Bretter rasen, bis dessen Leib wie ein mit Matsch gefüllter Beutel in Iglos Händen ruhte. Mit keuchendem Atem schleuderte er die Überreste des Tieres in die gegenüberliegende Kistenecke, wo es reglos liegen blieb und Iglo mit großem Auge anstarrte. Lange noch wütete Iglo, trat seine Mitgefangenen, trat die Kistenwand, trat den Deckel, hämmerte mit seinen Fäusten gegen selbige Grenzen und brüllte und weinte, bis er erschöpft einschlief.

Als er erwachte, regierte der Durst über solch Nebensächlichkeiten wie Ekel und Abneigungen sowie Hunger. Das letzte Getränk schien Äonen entfernt, das immer gleich flackernde Licht der verfluchten Fackel raubte dem Sträfling sämtliches Zeitgefühl. Hatte er lange geschlafen? Zwei, vielleicht sogar drei Tage? Dem Durst und Hunger nach könnte es auch eine Woche gewesen sein, wer könne das schon beurteilen.
Die trockene Zunge fuhr über spröde Lippen, eine Hand kratzte unangenehm über die kalten, splittrigen Holzfasern der Behausung und rot umrandete Augen suchten schnellen Blickes nach einer kühlen, flüssigen Erfrischung, doch das Zucken und Fühlen konnte nichts dergleichen ausmachen. Stattdessen meldete sich der hauseigene Kopf mit einem beachtlichen Repertoire an Unbehagen aufgrund des Gestanks und des Dursts, gemischt mit den Rückenschmerzen der letzten, unbequemen Nacht.
Ein Stöhnen entglitt Iglo, als er die engen Wände schummrig betrachtete und nun mit beiden Händen seinen Raum abzutasten begann. Kratzige, faserige Holzlatten, nichts hatte sich verändert. Obwohl sich der verwöhnte Mann ein sauberes, großes, helles, wohlriechendes Zimmer wünschte, erschien dieses nicht. Zum ersten Mal in dem Leben des armen, jedoch wohlbehüteten Mannes bekam dieser nicht jenen Luxus, den er verlangte. Panisch versuchte er wiederholt, den Deckel anzuheben – ohne Erfolg. Stattdessen bemerkte Iglo in seiner leichten Umnachtung etwas anderes, erfreuliches, etwas Wünschenswertes: Wasser. Genauer genommen handelte es sich um eine geringe Menge Tau, die nicht mal eine Katze gestillt hätte, doch der dehydrierte Iglo hing schneller mit seinem Gesicht unter dem Dach, als man in dem fahlen Licht blicken konnte. Lächerlich plump und unbeholfen schleckte und schlürfte er die wenigen Tropfen auf, sog das wenige Nass ein und erst, als Iglo ganz sicher war, nichts übersehen zu haben, plumpste er in den Sessel aus Fisch zurück, den er sein eigen nannte.
Unbequem sitzend und verstört blickend wartete Iglo Stunde um Stunde auf ein günstiges Ereignis, doch niemand schien einen Gedanken an die Ladung zu verlieren. Das Rufen hatte Iglo aufgegeben, teils wegen der fehlenden Kraft, teils wegen des Belages aus Fischluft, der sich im Hals abgelegt zu haben schien.
So verstrich ereignislos viel Zeit, in Iglos Augen Tage und Wochen des aussichtslosen Ausharrens.
Inzwischen glich die Beständigkeit seines Geistes der Standfestigkeit eines neugeborenen Fohlens, obgleich jenes Tier schon nach kürzester Zeit sicher auf den Hufen stehen kann, jedoch Iglo sich nicht mehr auf seinen Geist verlassen konnte.
Geplagt von Geruch, Durst, Hunger, Schlaflosigkeit und einsetzender Hitze kauerte der Mann, am tiefsten Punkt seines kleinen, jämmerlichen Lebens angelangt, auf dem Thron der Einsicht und lieferte sich mit dem zerschlagenen Flossenetwas vom ersten Tag einen schauerlichen Starrkampf. Die Entscheidung, von dem Leben Abschied zu nehmen war schon gefühlte vier Tage her, und immer noch wollte dieser verdammte Körper nicht aufgeben und endlich mit dem verwirrten Geiste eintreten in das dunkle Reich von – wem eigentlich? Zu viel schon hatte Iglo vergessen, zu viel, als dass er sich an Morsans Reich oder überhaupt Namen erinnern könnte. Seine eigene Geschichte schwebte nur noch schemenhaft, wie ein durchsichtiger Vorhang, vor dem getrübten, geistigen Auge der gequälten Gestalt. Es war ihm gleich geworden, wo er herkam und was er wollte, schon lange strengte sich Iglo, wenn er denn noch so hieß, nicht mehr an. Sein einziges Vorhaben war es, aus dieser Welt zu treten, möglichst leise und schnell, um wenigstens diesem Gestank - auch wenn er ihn nicht mehr wahrnahm, aber dennoch wusste, dass er existierte - entfliehen zu können.
Wie lange starrte er diesen Fisch eigentlich schon an? Oder war es das Tier, welches ihn anstarrte?

„Glotz nicht so doof“, hätte man aus Iglos Mund vernehmen können, wären die ungewaschenen Zähne zum Sprechbrummeln auseinander genommen und nicht untätig zusammengelassen worden.

Der Mann sowie die restliche Ladung schunkelten gleichmäßig mit den Wellen der See, flackernd zeugte die schlafraubende Fackel von ihrer immer noch andauernden Existenz und knarrend machte sich Holz bemerkbar, sodass man kaum das kleine, dünne Stimmchen vernehmen konnte, welches sich von anderen Geräuschen löste und sanft in Iglos dreckige Ohren floss.

„Selbst schuld!“

Iglos vertrocknetes Gehirn kam nur langsam wieder in Schwung, sodass eine beachtliche Zeit verstrich, bis der Mann bemerkte, dass soeben ein Fisch seine Stimme an ihn gerichtet hatte. Von sprechenden Fischen hatte er schon lange nichts mehr gehört.
Hatte er denn jemals von einem sprechenden Fisch gehört?
Krampfhaft versuchte der Mann seine Gedanken zu sammeln, doch bevor ein Resultat entstehen konnte, blubberte der matschige Fisch schon eine weitere, stinkige Phrase hervor.

„Geht’s dir wenigstens besser?“

Immer noch starrte Iglo in eines der kleinen, fast ausgetrockneten, matt funkelnden Glubschaugen. Schließlich bewegte er die müden Knochen, griff sich den Sack aus Fisch und legte ihn auf seine beiden Hände vor sich. Nachdenklich schweiften die Augen über den zerschundenen Körper, mit welchem das Tier früher einmal schwimmen und leben konnte.

„Das mit dem Schwimmen kann ich jetzt wohl vergessen, wo du mir alles zerbrochen hast, das stimmt.“

Iglos Augen weiteten sich unmerklich, als der Fisch begann, unqualifizierte Kommentare zu seinen Gedanken abzugeben.

„Wie schön es doch war, mit Freunden und Familie gemeinsam zu schwimmen, die Welt zu bereisen und dies oder das zu entdecken, um mal aus dem öden Alltag auszubrechen…“, sülzte der Fisch. „Doch dann kamen diese Kerle, fingen uns alle weg und nun liegen wir hier rum, können nicht mehr reisen – aber dass dann noch so ein Bekloppter ankommt und uns willkürlich zerschlägt, ist neu!“

„Du kannst gar nicht sprechen“, murmelte der Bauernsohn in unverständlicher Weise, „das bilde ich mir nur ein.“

Und obwohl der Mann annahm, dass er Recht hatte, konnte er nicht diese feine Stimme aus seinem Kopf verbannen, die so interessant klang, dass ein Weghören unmöglich war.

„Da du scheinbar nicht nur ein kleines Problem mit mir, sondern auch mit deinem Leben hast - was solltest du sonst in einer geschlossenen Gesellschaft, wie es hier eine war, suchen - werde ich mich als guter Fisch erweisen und dir ein paar Ratschläge geben, damit etwas ähnliches wie dieses hier nicht mehr vorkommt“, sprach das Tier, während es seinen Körper zu mustern schien.


Und der stinkende Fisch erzählte, wo Iglos Problem lag. Schleppend erinnerte er sich an die Spielsucht, die Abhängigkeit, die schnelle Aggressivität, die Verlogenheit und all das andere, was wie eine übel riechende Wolke ekligen Gases an ihm haftete. Iglo blickte währenddessen den Fisch mit einer Mischung aus Ekel und Interesse an. Wer hat denn schon mal einen predigenden Fisch gehört oder gesehen?

Als das Flossenwesen nach mehr als einer Stunde seinen Monolog zum ersten Mal unterbrach, merkte Iglo, dass er dem Fisch kaum folgen konnte und die Antwort auf seine Probleme fern und unschlüssig klangen.
Da griff der Fisch, der natürlich nur in dem zerschundenen und angegriffenen Kopf des armen Mannes sprach, zu einer alten Geschichte, die deutlich machen sollte, was er zu verstehen geben wollte.




Intermezzo Eins – Die Geschichte der Thunfische Ismelda und Flynt

Einst lebte ein mächtiger Herrscher der Thunfische im tiefen Meer, und er wurde genannt ‘Volpert von Balimanius XVII‘.
Wie ein jeder König oder Herrscher hatte auch dieser etliche Nachkommen. Jedoch war auch ihm nur der erstgeborene Sohn teuer und wert, da er den Thron nach Ableben des Vaters besteigen sollte. So wuchs Flynt von Balimanius in einer Umgebung voller Prunk und Pracht in dem Thunpalast seines Vaters auf. Wie ein jeder Sohn von adligem Blute lernte er schon früh Lesen und Schreiben, den Umgang mit dem Florett, schwimmen wie ein Meister und natürlich herrschen und regieren.
So strichen die Jahre in die See, Flynt erlebte helle, aber auch dunkle Tage, in denen die Gewässer rau und unbarmherzig zu jenen waren, die es wagten, sie zu bereisen.
Flynt erwies sich als ein Sohn von Vorbild, er war von großem Geschick und solchem Interesse an unterschiedlichsten Dingen, dass Volpert von Balimanius XVII voller Stolz erfüllt in den Tag lebte, immer erfreut und gespannt, mit was sein tüchtiger Sohn ihn heute überraschen würde.
Flynt war jedoch nicht nur körperlich und repräsentativ, sondern auch innerlich gewachsen und begeisterte sich zunehmend für andere Dinge, wie dem allabendlichen Folgen der Spiegelungen des Mondes in den seichten Wellen der ruhenden See, er erfreute sich auch an dem harmonischen Wiegen der Unterwasserfauna – er entwickelte eine romantische Ader.
Zudem wagte es Flynt des Öfteren, zu späten Stunden, wenn wabernde Schatten die Gestalten verbergen, in nahe gelegene Siedlungen seines Königreiches zu schwimmen, um sich getarnt unter Artgenossen zu mischen und dem Drang nach Gesellschaft nachzukommen.

Es war vorherbestimmt und absehbar, dass sich eines kalten Meerabends Flynt von Balimanius in jene wunderschöne Fischdame verliebte, die gelöst zwischen den träumerisch wankenden Seegräsern stand und von einer Erhebung aus auf eine prachtvolle Landschaft aus bewachsenen Meeresschluchten blickte.

Von fremden Gefühlen überwältigt und der Handlungsfähigkeit beraubt, wie es Flynt noch nie erlebt hatte, verharrte er still hinter Fels und Gestein, ohne sich zu zeigen oder einen Hinweis auf seine Existenz zu geben.
Erst nachdem das wunderhübsche Mädchen davongeschwommen war, urplötzlich war ihr Standort leer, bereute Flynt seine Feigheit.

Noch lange schwamm er auf der Stelle umher, wo noch kürzlich das schönste Fischmädchen verweilt hatte, welches er je in seinem Leben gesehen hatte.

Doch die Lebensgeschichte Flynts sollte nicht tragisch enden, und so trug es sich zu, dass Flynt eines anderen Abends an eben jener Stelle der ersten Begegnung dasselbe Fischmädchen wiedertraf. Seinen Augen nicht trauend wagte sich Flynt langsam, aber stetig, näher, bis er unter Anstrengungen, die er sonst nur bei einem Übungskampf zu spüren vermochte, die Dame ansprach.
Nur ein Blinder wäre nicht in der Lage gewesen, sehen zu können, dass es sich bei diesem ersten, flüchtigen Kontakt um Liebe auf den ersten Blick handelte.

Es bedarf nicht meiner Worte, um vermitteln zu können, wie glücklich Flynt war, eine Liebste, eine wahrhaftig hübsche und kluge Freundin gefunden zu haben – Ismelda.
Heimlich musste der junge Prinz jedoch die Beziehung pflegen, da sein Vater, der mächtige König, keinen näheren Umgang mit dem einfachen Volk wünschte und empfahl. Zerbrechlich war die Verbindung der beiden Liebenden, stark von den Plänen des Königs für seinen Sohn abhängig, doch die beiden schafften es, sowohl die Existenz des jeweils anderen geheim zu halten, als auch nicht Gefühle durch Banalitäten zerbrechen zu lassen.

Und so wurde aus dem stark behüteten Fischlein im Laufe der Zeit ein großer, freier, lebensfroher Flossenschwimmer, welcher einen Sinn hinter all den Taten gefunden hatte, die er zu lernen hatte. Mit dem Ziel, für etwas zu kämpfen, sodass er eines Tages seine – noch verpönte – Liebe trotz der gesellschaftlichen Klüfte zur Frau nehmen könne, wuchs Flynt über sein eigenes Ausmaß hinaus und wurde ein richtiger Fischmann, nein, ein Fischprinz, ein Prinz der Thunfische, der Erbe des Throns, ein würdiger Folger.

Dies musste der Grund für Volpert von Balimanius XVII gewesen sein, der eines Tages beschloss, Flynt seine zukünftige Lebensgefährtin, nach alter Tradition bereits bei seinem Schlupf ausgesucht, vorzustellen.

Nun mag ein Banause sagen, dass alle Fische gleich aussehen, doch kommt diese Behauptung dem Vergleich nahe, dass alle Bäume dieser Welt gleich wären. Schnell wird man bemerken, dass dies nicht der Fall ist, und so kann leicht gesagt werden, dass die Auserwählte für den Kronprinzen keine Schönheit und war.
Verwerflich erscheint die Entscheidung, eine weibliche Gestalt nach dem Äußeren zu beurteilen, doch war sie auch innerlich zu keiner der Regungen imstande, die Flynt so an seiner Liebsten schätzte.

Erzürnt über das Vorhaben des Vaters, welches ohne Flynts Wissen in die Gänge geleitet wurde, beschloss der sonst so gehorsame Flynt, Abstand zu nehmen von Hinterlist und Zwist und verließ noch am selben Abend mit den Habseligkeiten, die er als relevant auf einer langen Reise empfand, den prunkvollen Palast seines Vaters und König.
So geschah es zum ersten Male in der Geschichte der Thunfische, dass ein Thronfolger freiwillig und wissentlich entfloh vor der Tradition, die seit Generationen gepflegt und strikt befolgt wurde.

Es wäre eine weitere Geschichte, wie und wohin der Prinz mit seiner Angebeteten floh, und so sei lediglich folgendes gesagt:
Schnell, nachdem sein geliebter Sohn geflohen war vor seinem eigen Fleisch und Blut, erkannte Volpert von Balimanius XVII die Liebe, die aus seinem Herzen sprach und seinem Sohne galt. Keineswegs war Volpert ein kaltblütiger Vater, jedoch ebenso an Traditionen und Pflichten gebunden und gewöhnt, wie es ein jeder König und Herrscher der Thunfische gewesen war.
Es muss eine göttliche Fügung gewesen sein, dass Flynt bei seiner Reise in entfernte Länder spürte, seinem Vater Unrecht getan zu haben, sodass er schneller Flosse zurückkehrte in das Reich Balimanius XVII.

Groß, schier unvorstellbar war die Freude des Königs, seinen geliebten Sohn wiedergefunden zu haben, ja sogar so groß, dass er das Gesetz aufhob, das einem Prinzen die Plichtheirat vorschrieb.

So bleibt nur zu sagen, dass Flynt und Ismelda zusammenblieben, als Paar akzeptiert und geduldet und glücklich lebten…


Was das alles mit Dingen wie Hass, Aggression, Depression, Spielsucht, Mord, Totschlag und den anderen überflüssigen, destruktiven Gedanken zu tun hat? Nun, ich will es Euch erzählen.




Intermezzo Zwei – Die Kraft der Elemente

Leider verstarb Volpert von Balimanius XVII eines Tages, sodass Flynt von Balimanius I nebst seiner wunderschönen Frau Ismelda von Balimanius den Thron als rechtmäßiger Nachfolger bestieg.

Doch mit den Wellen der Zeit war eine schlimme Krankheit über das Volk gekommen, die kein Fisch zu heilen vermochte, denn sie war nicht körperlicher Art.
Wellen von Depressionen überschwemmten das Land, und ein jeder Fisch, sei es glücklicher Vater hunderter von Kindern oder ein allumsorgter Greis, verfielen den verschiedensten Arten dieser Erkrankung – Wut zog in die Städte, der blanke Zorn loderte in den Augen der Bewohner und schon bald waren weder Kinder noch Erwachsene zwischen den Steinen und Riffen sicher vor dem Neid und dem Hass des jeweils anderen. Die Gier hatte sie gefunden, verwundbar und verletzlich, da das Volk keine Lehren kannte, die sie ordneten und vor den leichtfallenden Sünden wie eben jene Erkrankungen schützte.

Getroffen war der König, als er von den wachsenden Zahlen der Verfallenen hörte und getroffen war er, dass sie nicht mehr in der Lage waren, ihre Nächstenliebe zu bewahren und sich zu kontrollieren. Tage um Nächte streifte er durch seinen Palast und die weiten Seetanggärten, unruhig schlief er wenig, geplagt von
Albträumen rund um das gemochte Volk.
Flynt war ein Herrscher mit Herz, der sich nie als etwas Besseres vorkam und mit Freuden den Umgang mit dem Volke pflegte. Umso mehr traf ihn die Kunde von vor Zeiten besiegten Feinden der Friedlebenden, die nun wieder an die Pforten klopften, wie Hiebe und Stiche.

Es schien, dass niemand diesem Treiben Einhalt gebieten könne, bis eines Tages eine Delegation aus dem Westen, dem Reich der Blauflossenthunfische, Hilfe und Licht brachte in das verdunkelte und von Hass verhangene Reich.

Es waren keine Heiler in dem Sinne, sondern Gelehrte, Fische, die sich durch große Fähigkeiten ausgezeichnet hatten. Mit diesen Fischen kam eine Lehre in das Land, welche schon vor langer Zeit befolgt wurde, um eben jene Feinde zu besiegen, doch geriet sie in Vergessenheit, so der Gegner überwältigt war.

‘Die Lehre der Elemente‘ wurde sie genannt und ein jeder Thunfisch, nein ein jeder Fisch in den weiten Meeren und Ozeanen Tares‘ folgte ihr, um ein Leben in Frieden und Eintracht zu leben.




Kapitel 3 – Ein neuer Mensch

Nicht nur Iglos Kopf drehte sich, sondern auch die Kiste und scheinbar das ganze Schiff. Zwar hatte der Fisch, der immer noch in seinen Händen ruhte, nach den Geschichten um Ismelda und Flynt versucht, Iglo die Lehre der Elemente nahe zu legen, doch war diese so umfangreich für seinen zerschundenen Kopf, dass sich die Welt zu drehen schien. Dehydriert und der Kräfte am Ende hatte Iglo dem Fisch in seinem stunden – oder tagelangen Monolog gelauscht, vieles hatte ihm zu denken gegeben, solange er es fertig brachte, den Kopf zu etwas anderem anzuregen als träge und mit leer dreinzuschauenden Augen herumzuhängen. Hin und her geschleudert zwischen Gefühlen, Ängsten, Hoffnungen, Gedanken um das Sein und den Gedanken, nicht mehr zu sein, hockte er da.
Der Schädel brummte, ein Tosen klang in seinen Ohren, und Iglo fühlte sich schwächer denn je, mit jedem kriechendem Atemzug schwächer werdend.

„Konnte ich dir die Augen öffnen?“, fragte der Thunfisch mit stets gleich bleibender Stimme.

Ein Beben durchfuhr den Leib des stinkenden, verwahrlosten Mannes, zitternd wie Espenlaub kauerte er in dieser muffeligen, unglaublich grässlichen Gruft. Mit einem Knall war alles vorbei.

Licht.

Unsagbar viel Licht.

Und Luft.

Unmengen von reiner, frischer, kühler Luft.

Der Mann, der die Kiste geöffnet hatte, bekam nicht nur den Mund nicht mehr zu, sondern kam auch aus dem Staunen nicht mehr heraus.
Erst als sich der Mensch, der wohl mal ein Mann gewesen sein sollte, langsam bewegte, fiel der Lagerarbeiter rücklings zu Boden, krabbelte ein paar Fuß, bis er schließlich aufsprang und schreiend sowie stolpernd zu seinem Vorgesetzten hastete.

Als Iglo realisierte, dass sein Grab geöffnet war und er sich unter strahlendem Himmelsblau befand, umgeben von Möwengekreisch, spielenden Kindern, einkaufenden und handelnden Müttern und Frauen, hatte er sich auch schon an dem Kistenrand hochgezogen und hockte und hing über die Kante gebeugt und gestützt.

Unwirklich sah all dies aus, so fern und schwach waren doch die Gefühle, die er für die Zivilisation hegte, Gerüche, wie er sie schon vergessen hatte, drangen in seine taube Nase, und das Element Wind empfing ihn herzlich zurück in der Welt der Lebenden.
Langsam drehte sich Iglo zurück und plumpste in seinen alten Kasten.

„Und? Willst du es noch einmal versuchen und dieses Mal besser machen?“

Langsam öffnete sich ein Spalt zwischen den beiden eingerissenen Lippen und langsam setzte Iglo zu jenen Worten an, die er dem Fisch als Antwort gab:

„Jeder Fisch kennt die Lehre der Elemente?“

„Ja.“, sprach der Fisch.



Mit einem Ruck griff sich Iglo den Thun der Fische an dem silbrigen Schwanz, hielt ihn hoch, betrachtete ihn genau –

und schmetterte ihn gegen die Latten der Kiste.


„Nur damit du es weißt: Ich hasse Thunfisch!“




Intermezzo Drei – Der Fischer

Nachdem Iglo von einigen Männern des Lagerhauses aus dem Behältnis befreit worden war, brachte man ihn geradewegs in das nächste Hospiz der Stadt Rothenburg, in der das Schiff angelegt hatte, wo Iglo Wetterstedts Körper sich schnell von seiner Gefangenschaft und den Strapazen in der Thunfischkiste erholte. Das Verhalten des Mannes hatte sich jedoch grundlegend verändert.
Kaum, da er wieder stehen und gehen konnte, bemühte er sich um eine Fischerausrüstung und eine anständige Ausbildung in dieser Kunst, als welche er das Fischen heutzutage bezeichnen möchte.

„Warum“, mag man sich fragen, „beschäftigt sich ein Mann wie Iglo Wetterstedt, der mehrere Tage in einer Kiste voller toter Fische gefangen war, mit der Fischerei?“

Es könnte daran liegen, dass er wirklich die Augen geöffnet bekam von jenem Thunfisch, den er so zertrümmerte. Vielleicht wollte Iglo wirklich ein neues Leben nach der Lehre der Elemente anfangen und jedem Menschen, den er trifft, einen Fisch darbringen, der auch ihm die Lehre der Elemente nahelegen kann. Denn wenn irgendwelche Eigenschaften in der heutigen Welt zuhauf vertreten sind, so handelt es sich hierbei um Hass, Neid, Gier und Eifersucht. Die Ruhe und Eintracht hingegen mit der Natur und den gegebenen Habseligkeiten hat in den Herzen der Bewohner Tares viel zu wenig Platz.

Vielleicht ist Iglo aber auch einfach nur auf den fabelhaften Geschmack anderer Fische gekommen und möchte ihn anderen Personen nicht vorenthalten.

Oder er ist einfach nur verrückt…




Kapitel 4 – Der Antritt der Reise

Zwischen den Marktschreiern des Hafens, die lauthals ihren geräucherten Aal und den frischen Thunfisch anpriesen, wie sie es jeden Tag um diese Zeit taten, war auch heute fast alles beim Alten geblieben. Einzig die breite Silhouette eines torkelnden Mannes, der in feinen Klamotten langsam die backsteinbepflasterten Wege entlang schritt, unterschied den heutigen Tag von allen anderen. Der unscheinbare Kerl watschelte geradewegs auf das einzige Schiff im Hafen zu, welches noch vor Anker lag. Manch einer mochte ihn von Lachsen und Forellen brabbeln hören bevor er weiterging, immer geradewegs auf das große Schiff mit dem Namen „Schwertfisch“ zu, welches den direkten Kurs auf die Insel Siebenwind nehmen sollte. Der beleibte Kerl zögerte einen Moment und schien dann freudig grinsend auf das Schiff zu torkeln.
Der Geruch von Fisch hing ihm nach.

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Wenn Blitze keine Kühe mehr treffen

Posted by Tim E. on Dienstag, Juli 29, 2008
Wie ein jeder, halbswegs kultivierte und aufgeklärte Mensch wissen sollte, ist die größte Erhebung in Norddeutschland, die zu finden ist, eine Kuh auf einem Deich.

Abgesehen von diesem Allgemeinwissen scheint aber nur wenigen klar zu sein, was mit dieser Kuh geschieht, sollte ein Gewitter nahen, dessen Blitze bekanntermaßen in den höchsten Punkt der Umgebung einschlägt.
Doch so viel sei verraten: Der Bauer hat abends einen deftigen Braten. WeißderDeibel, woher der kommt...


Doch nun eine andere Überlegung. Wo schlägt ein Unwetter in Schleswig-Holstein etwa 20 km über Heide, welches für das kommende Wochenende vorausgesagt wurde, ein?

In die Kuh oder in einen der 100.000 Metaller, die sich wieder einmal treffen, um dem WACKEN OPEN AIR zu fröhnen?


Ich hoffe, dass es die Kuh sein wird, da ich definitiv einer der 100.000, voll mit Metall und Bling-Bling der Extradeluxeepicklasse behangen, sein werde.


So packe ich weiter meine Tasche, mein Rucksack wiegt 22 kg, die Montur für morgen noch mal 5 und die 9 Liter Apfelschorle etwa 9 kg... nur noch 12 Stunden schlafen und 4 Stunden fahren, dann bin ich schon da.

Nun bleibt mir nur noch wenig zu sagen:

1.)Wenn ich durch das schwarze Loch der Schweizer sterbe, dann nach W:O:A
2.)Hail and kill!
3.)Harder, faster, louder!
4.)Hail and kill!
5.)Ich werde nie wieder der Alte sein
6.)Hail and kill, spätestens durch das SSL (schweizer schwarze Loch)!

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Das Mädchen mit dem Schwein.... BÄREN .oO(mein ich natürlich)

Posted by Tim E. on Sonntag, Juli 20, 2008
Es war einmal ein hübsches Mädchen.
Das lebte in einem Turm.
Nunja, man konnte ihre Behausung nicht gerade als einen Turm bezeichnen, eigentlich war es ein stinknormales Einfamilienhaus und sie lebte lediglich im 1. Stock.
Aber es kam ihr vor wie ein Turm.
Wenn sie aus ihrem Fenster schaute und die ganzen Felder und Wälder sah, dachte sie sich manchmal, sie säße in einem Turm.
Und nicht selten gab sie sich der Vorstellung hin, eine Prinzessin zu sein, wartend, dass ein tollkühner Prinz eines Abends oder Nachts singend vor ihrem Fenster stünde um sie zu holen.

Zu befreien.

Er könnte natürlich auch plumb klingeln, doch das wäre unschön.
Und nicht träumerisch.

Und so saß das Mädchen oftmals am Fenster und schaute in die Nacht.
Doch das einzige, was einem singenden Prinzen glich, war die allabendlich singende Nachtigall und diese wollte seltsamerweise nie das Mädchen befreien.

Jahre vergingen, die Nachtigall starb...
doch noch immer war kein Prinz gekommen.
Oftmals war das Mädchen beleidigt und schimpfte hinaus in den Abend, wenn kein Arsch sich um sie kümmerte. Sie kam sich wirklich egal vor.


Und dann registrierte sie sich bei neu.de


Und gab an: "Junge, wunderschöne Prinzessin sucht musikalischen Helden, der sie aus dem hohen Turm befreit!"

Von nun an ging es Schlag auf Schlag.

Meldungen kamen, Jungen meldeten sich, doch nur einer konnte das Interesse der wählerischen Prinzessin wecken.
So kam er eines Abends, nach verabredeter Zeit mit einem Schifferklavier unter das Fenster des Mädchens.
Es war ein sehr schönes Schifferklavier.

Und er krächzte und schifferklavierte, als gäbe es kein morgen.

Und sie war schier begeistert von seiner Kunst.
So schmiss sie ihm den Hausschlüssel zu Füßen und rief: "Prinz, Prinz, der du mit dem Schifferklavier da spielst",

da verschwanden schon die ersten, die sich angesammelt hatten um den wahren Prinzen, denn sie hatten kein Schifferklavier,

"komme nach vorne, auf die Auffahrt und erklimme den Turm geschwind!"
"Oder benutze wahlweise die Tür!"

Und er tat es, wie ihm geheißen.

Und sie lebten glücklich und zufrieden bis an ihr beider Lebensende.


HAPPYEND!

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Das Leben von Fandras Lorano Buchenblatt

Posted by Tim E. on Montag, Juni 09, 2008
Ich habe in den letzten drei Tagen eine Charaktergeschichte für einen Charakter des MMORPGs Ultima Online für den Server Siebenwind erstellt und möchte euch diese umfangreiche, wunderschöne und traurige Geschichte nicht vorenthalten. Und ja, ich bin schon stolz auf diesen Text.




Ihr wollt etwas über mich erfahren? Ich soll mein Leben umreißen, Euch Auskunft geben über Einschnitte und Abschnitte meines Seins? Ihr wollt über meine Herkunft erfahren, warum ich auf diesem Schiff nach Siebenwind bin, was meine Absichten sind? Nun, ich habe Zeit und bin gewillt, Euch eine Geschichte, genauer gesagt meine Geschichte, zu erzählen.

Mein Name ist Fandras Lorano Buchenblatt – und wahrscheinlich spuken nun schon Fragen wie „Warum ist sein Name von so sonderbarer Art?“ durch Eure Köpfe. Ich fange am Besten einmal ganz vorne an.
Geboren wurde ich am 3. Dular, 10 vor Hilgorad, also im Jahre 124 nach der Krönung Gernods.
Meiner Familie gehörte eine Parzelle in den Feuerwäldern der Kadamark in Galadon, Falandrien, in der sie Holz für den Baron zu Kadamark fällten. Obwohl die Geburt von Zwillingen an dem Festtag Vitamas eine besondere Ehre der Eltern sein sollte, waren sowohl mein Vater Albed als auch meine Mutter Gloria wenig begeistert. Das mir Wahrscheinlichste ist, dass es mit der Anzahl seiner Kinder zusammenhing. 4 Kinder, vielleicht sogar alles Söhne, wären eine göttliche Anzahl, doch mit 5 Kindern steht man verpönt und vielleicht auch als Böser verachtet, dar. Im Nachhinein bin ich verwundert, dass wir beide überlebten und nicht einer oder sogar beide getötet wurden.
Sie gaben mir den Namen Lorano, meiner Schwester den Namen Muriel. Zusammen mit meinen drei größeren Brüdern Thorben, Feestar und Ianos bildeten wir die Familie Baun, langjährige Holzfäller und recht tüchtige Lieferanten.
Während Muriel und ich zwischen Scheiten und Spänen Laufen und Reden lernten, mussten meine Brüder schon mit meinem grobschlächtigen Vater in den Wald, um den Holzvorrat anzulegen, der nötig war, um die Pacht zu bezahlen und den Lebensunterhalt zu verdienen. Grobschlächtig? Nun, er war wie man sich einen Arbeiter vorstellt, der den ganzen Tag zwischen fallenden, sterbenden Bäumen umher rennt und die nötigen Schläge mit der Axt setzt: Groß, kräftig und abgehärtet. Doch hinzu kamen Jähzorn, Wut und eine sehr geringe Aggressionsschwelle, bereits bei kleinsten Nichtigkeiten kam sein Groll zutage. So kam es auch an einigen Tagen zu Schlägen an seinen kleinen, kaum 5 Jahre alten Kindern – meiner Schwester und mir. Meine Mutter schien diese Grausamkeit und Ungerechtigkeit geschickt zu ignorieren, ich kann mich nicht erinnern, dass sie sich vor ihrem Mann jemals für uns eingesetzt hätte. Der einzige Ort, an dem wir uns sicher fühlten vor dem Leid, war der Wald. Verlassene Bauten von Tieren, Erdlöcher, Gruben zwischen den Wurzeln alter Eichen und Buchen, all dies schien wie geschaffen für uns kleine Kinder.
Muriel war es, die sich immer die abenteuerlichsten Geschichten ausdachte, in denen es sich fast immer um die Reise drehte, sei es weg von unserem Haus und den bösen Drachen, als welche wir unsere Eltern bezeichneten oder eine Fahrt mit dem Schiff, welches ein hohler Baum von enormer Länge war.
Muriel fand immer neue Verstecke, Nischen und Spielplätze, während meine größeren Brüder, insbesondere Feestar, uns, wenn auch selten, mit Fabeln oder Märchen beglückten – oder öfters noch – verängstigten.
Mein frühes Leben bis zu meinem 10. Lebensjahr bestand aus all diesen Elementen: Furcht, Flucht, Fantasie, selten einer schönen Tat der restlichen Familienmitglieder. Muriel und ich, wir waren unzertrennlich, gingen gemeinsam durch Dick und Dünn. Wir halfen uns, ergänzten uns, saß einer in der Klemme, half ihm der Andere. Nun, ehrlich gesagt half mir Muriel wohl häufiger als ich ihr, was wohl nicht zuletzt mit meiner extremen Schüchternheit zusammenhing.
Doch all dies änderte sich. Jedoch nicht, wie man hoffen könnte, zum Guten. Allenfalls zum Besseren, und das auch nur nach längerer Zeit und lediglich für mich. Doch ich erzähle Euch den gesamten Umstand.
Eines Abends im späten Bellum saßen wir in unserer Hütte bei dem allabendlichen Mahl, welches man wohl eher als notdürftiges Essen bezeichnen konnte, denn die Preise für Lebensmittel stiegen und wir verdienten nicht mehr Geld für das Fällen der Bäume als üblich. Das Essen neigte sich dem Ende und wieder, als mein Vater auf mich schaute, fing seine Hasstirade über mich an. „Nichtsnutz; zu klein ist er; kann nichts, sollte aber helfen“, solches, ähnliches und anderes regnete auf mich nieder. Es war sein liebstes Thema, zu lästern und zu dämmern über mich, sein fünftes, sein schlechtes, verkümmertes Kind. Doch an jenem Tag war es mehr, es war schlimmer denn je. Durch mich wurde seine Wut, sein Zorn auf die Bäume, den Wald, die Menschen, den Baron, das Steuersystem, die steuereintreibenden Ritter und Söldner kanalisiert und er ließ es ohne Gnade an mir aus.

Ich tat das in meinen Augen einzig richtige.

Ich floh.

Ich rannte in den Wald, rannte, weinte, die Sicht getrübt von Tränen, der Weg verschleiert durch die Nacht, die Ohren taub von dem Geschrei.
Ich rannte, überschritt die Grenze des von Muriel und mir erforschten und rannte so weit, so verletzt, so zerstört in meinem Inneren, bis ich sank auf die Beine, der Kräfte endgültig beraubt durch Verzweiflung und Not.
Und dann, dann kam die Angst.
Ich wurde umhüllt von der Nacht, der Kälte, den Mythen und Sagen, dem Glauben an das Böse und das Gemeine, den gruseligen Geräuschen und dem zerfressenden Alleinsein.
Ich weiß nicht mehr, wann ich in Schlaf sank, angelehnt an einen alten, großen Baum, Schutz suchend zwischen seinen mächtigen Wurzeln. Ich kann auch nicht sagen, wann ich erwachte, das Blätterdach war so dicht, dass lediglich ein diffuses Dämmern den Boden etwas erleuchtete, doch eine genauere Bestimmung der Tageszeit unmöglich war. Ich sah mich soweit um, wie es meine geringe Größe zuließ und entdeckte die Waldbühne. Nur in meiner Fantasie war sie der Platz, wo all die gedanken stattfinden sollten. Und so saß ich und wartete.

Das Erste, was aus dem Gebüsch auf mich zutrat, war die Natur. Groß und schön stand sie da, präsentierte sich mit all ihren Facetten und Raffinessen und verlangte mir eine Menge Faszination und Begeisterung ab. Pflanzen, die ich zuvor niemals sah: Übergroße Farne, seltsame, sich um Bäume rankende Gewächse, mit Stacheln bewehrte Stängel; ich war von der Vielzahl und der Größe, um nicht zu untertreiben, erschlagen.
Das Zweite, was in mein Sichtfeld trat, war die Erinnerung. Sie kam langsam, etwas hinkend, geschwächt durch die gestrige Anstrengung. Sie war geflohen von dem grausamen Heim, alleine und ohne Acht auf die Zukunft, mitten in den Wald. Mir schauderte.
Gleich hinter der Erinnerung kam die die dritte Person, die gegenwärtige Situation. Irgendwo in einem Teil eines Waldes sitzend, den sie nicht kannte, ohne Idee, von wo sie kam, ohne Orientierung. Ihr von Angst und Panik durchfurchtes Gesicht ließ mich wieder mit dem Weinen anfangen. Ein Schluchzen nur, doch als die Erkenntnis, die Vierte im Bunde, die Waldbühne betrat, brach ich wieder vollends in Tränen aus. Verlassen, allein… Ich hatte keine Hoffnung.
„Wie geht es nun weiter? Du hast ja überlebt, sonst säßest du uns zu diesem Zeitpunkt nicht gegenüber!“, werdet Ihr nun denken. Nun, ich will es Euch gerne sagen. Denn dies war der Zeitpunkt, wo sich mein gesamtes Leben ändern sollte.
Wie gesagt war ich feige, schwach und die Abenteurerin war immer Muriel gewesen. Alleine habe ich mich kaum zwei Schritte aus dem Hause gewagt. Und nun saß ich da so alleine, ohne eine helfende Hand, aber auch ohne Glauben, denn das war es, was man Muriel und mir vorbehielt. Und nur, um euch nicht schockend mit den Gedanken „Wir reden gerade mit einem Anhänger des Einen, einem Gottlosen!“ sitzen zu lassen sei gesagt: Ich glaube sehr wohl. Wie es dazu kam, erzähle ich auch noch. Nun will ich aber fortfahren mit meiner Geschichte.
Irgendwann beschloss ich, mich zu bewegen. Ich hatte Hunger und Durst und mir war bewusst, dass ich nicht ewig zwischen den Wurzeln eines Schwarzbaumes sitzen und auf Hilfe hoffen konnte. So stolperte ich zwischen Bäumen und Sträuchern, seltsamen Blumen und großen Gräsern umher, das Ziel vor Augen habend, aus dem Wald herauszufinden. Gegen Abend, der Tag neigte sich seinem Ende, fand ich endlich ein paar Beerensträucher mit mir bekannten Beeren, die ich gierig verzehrte. Nur meinen Durst konnte ich nicht stillen. So bedeckte ich mich mit Blättern einer tief über dem Boden wachsenden Pflanze und legte mich zwischen Wurzeln einer prächtigen Eiche zum Schlafe, auch wenn ich lange bangte und immer noch enorme Angst vor den Unwesen der Nacht hatte.
Der Morgen begrüßte mich mit Vogelgezwitscher und einer sich langsam ausbreitenden Wärme, die die zunehmende Kälte des Bellum etwas vertreiben sollte. Ich warf die Blätter beiseite und schüttelte mich, um die Nässe der Nacht aus meiner Kleidung zu vertreiben. Nässe? Wasser! Gierig schlürfte ich den Tau von mehreren großen Blättern, bis mir der Flüssigkeitsmangel behoben schien.
In den folgenden Tagen fühlte ich mich zunehmend sicherer, wenn auch nicht wirklich besser. Mein Nahrungsproblem schien durch das Sammeln von Beeren vorerst gedeckt, mein Durst durch Tau gestillt. Doch ich fand nicht aus dem Wald heraus. Beständig bleib sein Dach dicht, kein Weg, kein Pfad konnten mir die Richtung weisen. Und obwohl ich meiner Meinung nach weit lief, kam ich niemals an einen Steinwall, der das Ende einer jeden Parzelle markieren sollte.
So wanderte ich weiter. Ich verstand mich immer besser mit den Bäumen, die mir Unterhalt gewährten, genoss zusammen mit Kleintieren die Früchte des Waldes, die ich fand.
Nach vielleicht 5 Tagen, also einer Woche, änderte sich das Klima jedoch drastisch. Es wurde kalt, wirklich kalt, und auch zu der Mittagszeit war sie da, die Frostigkeit. Zu allem Überdruss fand ich kaum noch Früchte, mein Magen beschwerte sich stündlich über seine Leere.
Und auf einmal stand er vor mir. So groß wie ich, grau, mit blitzenden Augen und einem schimmernden, von dem Wind geglätteten Fell. Ich bemerkte den Wolf erst, als ich nur noch ein paar Fuß von ihm entfernt stand. Gelähmt und so steif wie ein Ast im allmorgendlichen Reif, so muss ich ausgesehen haben. Wir schauten uns an. Wir schauten uns lange an. Und als der Wolf sich auf einmal abwandte und ging, folgte ich ihm. Ich wusste, dass es richtig war.
Nun werdet Ihr „Du erzählst eine Geschichte, keiner folgt freiwillig einem Wolf“ oder ähnliches denken und mir Lügen vorwerfen, doch muss ich euch enttäuschen. Ich erzähle nur eine einzige Geschichte, nämlich die Meinige. Alles, was ich sage, ist wahr. Und der Grund, warum ich dem Wolf folgte? Ich denke, dass es Schicksal war und jemand mächtiges, dem etwas an mir lag, seine schützende Hand über mich hielt. Ich fühlte, dass es richtig war.
Wir liefen weit. Sehr weit. Wenn der Wolf stehen blieb, stoppte auch ich in gebührendem Abstand meine Schritte. Legte er sich des Abends hin und begann mit seinem Schlaf, suchte auch ich mir ein einfaches Lager, das mir Schutz vor der Kälte der Nacht geben sollte. Morgens war der Wolf stets da und erwachte immer eine kurze Zeit nach mir.
Als sich nach zwei Tagen die Umgebung änderte fand ich wieder mehr Nahrung und auch der Wind ließ etwas nach.
Obwohl die Reise mit dem Wolf meine ganze Energie kostete, war ich nicht enttäuscht oder sauer. Ich war in irgendeiner Weise glücklich. Zu der Maxime des Glücks wurde das Häuschen, was eines Morgens zwischen den hohen Farnen und Bäumen auftauchte. Eine kleine Hütte, inmitten des Waldes. Kleine Flächen, auf denen zu wärmeren Jahreszeiten Kräuter und Gemüse wachsen sollten, lagen um das Haus verteilt, ein kleiner Ofen aus Lehm war ebenfalls vorhanden.
Ich war entzückt. All meine Anstrengung der letzten Wochen wuchs noch einmal zu einem Punkt der gebündelten Spannung an, als ich zaghaft an die Tür klopfte.
Ich war auf vieles vorbereitet: Eine Hexe, die mich verspeisen wollte, einen alten, schrulligen, verschrumpelten Magier mit Bart und Hut, ich habe auch mit kleinen Gnomen gerechnet. Umso größer war meine Freude, als mir ein schlanker, großer Mann mit langem, goldenem Haar und grüner Kleidung, so grün wie der Wald im Astrael, die Tür öffnete. Seine Gesichtszüge, wenn auch eine leichte Verwunderung ausdrückend, beruhigten mich zutiefst und es wuchs in mir die Hoffnung, einen wahrhaft netten Menschen gefunden zu haben.
Wie sich im Nachhinein herausstellte, war er jedoch kein Mensch, sondern ein in der Ebene von Mantrill, genauer den Kernwäldern der Kadamark lebender Elf, der sich von den Gaben der Natur ernährte und sein Leben in aller Ruhe in diesem vor Rodung geschützten Gebiet verbrachte. Er erkannte schnell meine Not, was wahrscheinlich keine Kunst darstellte, da ein kleiner Junge, bekleidet lediglich mit einer Leinenhose sowie eines etwas dickeren Hemdes, inmitten der Kälte des Bellums mehr oder weniger frieren muss. Maeglin Súrion, das war der Name des Waldelfen, der mich in sein Haus bot, meine Kräfte mit Essen, wie ich es längst vergessen hatte und meist nicht einmal kannte, stärkte und sich meine Geschichte anhörte.
Ich könnte Euch viel über ihn erzählen, doch spränge das den Rahmen.
Maeglin nahm mich auf, er war es, der mir auch den Glauben, ein Bastard zu sein, nahm, und es auf das Schicksal der Götter zurückführte, dass ich noch am Leben sei. Er war es auch, der mir, der ich nie viel über die Götter erfahren hatte, die Lehre der Vier, besonders die Vitamas, unterrichtete und mir auch die Elementargöttin Tevra, bei den Menschen auch Rien genannt, nahelegte.
Maeglin war ein Waldläufer, der schon sehr lange in den Kernwäldern lebte und sich ein behagliches Zuhause angelegt hatte. Er pflanzte Gemüse, Getreide und Kräuter in den vorhin genannten Beeten an, buk eigenes Brot in dem kleinen Lehmofen, er schneiderte sich selbst die Kleidung, die er brauchte und nur, wenn er wirklich hungrig war, nahm er sich eines von Riens Rehen, um es vollständig zu verwerten. Ich lernte, wie man aus dem Fell Kleidung, aus den Knochen Waffen und Werkzeug herstellen konnte oder auch, wie man das Geweih eines Hirsches zu einem schmucken und funktionstüchtigen Bogen umzufunktionieren vermag.
Man muss wirklich sagen, dass ich Glück hatte, an eine solch bedächtige Person zu geraten, die jede ihrer Schritte mit Sorgfalt plante und nur das von anderen nahm, um selbst zu überleben. Er tötete nicht Bäume, die, wie er mir beibrachte, auch lebten, er war genau das Gegenteil meines hasserfüllten und grausamen Vaters.
Sorgfältig zog er mich auf, lehrte mich das Schießen mit dem Bogen, das Anbauen von Lebensmitteln wie Gemüse und Getreide, das Lesen von Fährten unter schwierigsten Bedingungen.
„Solange du weißt, wo du bist und wo die Person ist, deren Spuren du ließt, kann dir nur wenig Unerwartetes passieren. Es sei denn, sein Komplize, der auf einem Baum so leise schlief, dass du ihn nicht hören konntest, fällt auf einmal auf dich nieder und wirft dich um.“, sprach er einmal zu mir.
Er teilte sein Waldläuferleben mit mir, zog mich auf wie seinen eigenen Sohn, er zeigte mir dir Liebe, die ich mir immer wünschte.
So zogen die Jahre in das Land und gleich, ob ich mich in dem Sprechen und Schreiben von Sprachen übte, mit Maeglin den Wald durchwanderte oder mit dem Wolf, den ich richtig in mein Herz geschlossen hatte, spielte, ich wurde zunehmend der Waldläufer, dieses Individuum des mit der Natur in Einklang und Frieden lebenden, welcher ich immer sein wollte.
Zu meinem 21. Geburtstag bekam ich von Maeglin einen neuen, weiteren Namen, den ich fortan tragen werde, als Erinnerung an meinen Lehrer und Freund.
„Fandras Lorano, der, der aus dem Buchenwald kam und eines kalten Tages an meine Tür klopfte, so sollst du heißen in deinem noch lange anhaltendem Leben“, sagte er, obwohl ich den Namen Lorano, welcher mich an meine Eltern erinnerte, am Liebsten abgelegt hätte. Doch es war Maeglins Wille, diesen Namen zu behalten, auch wenn ich mich nicht mit ihm rufen lasse.
„Es gibt Gutes, als auch Böses in eines jeden Leben. Dir ist Böses, aber auch Gutes wiederfahren. Trage diese beiden Namen als Zeugnis, wie du sowohl Gut, als auch Böse durchgingest und vergiss niemals, von wo du kamst, verwische nicht die Spuren, die du selbst ziehst in den dunklen Wäldern des Seins. So tief du auch in Wald gehst, kommst du immer wieder hinaus, kannst du denn deine eigene Fährte zurückverfolgen. Vergiss dies nie!“

Es war im Jahre 16 nach der Krönung Hilgorads, als mir Maeglin eines trüben Morgens des Onar über die stets voranschreitenden Rodungen in den nahe gelegenen Feuerwäldern berichtete und mich nach so vielen Jahren des Vergessens und auch teilweise Versteckens wieder an meine Flucht aus eben jenen Wäldern und meiner schrecklichen Familie erinnerte. Ich begann, mir wieder Gedanken zu machen, über den Wald, unsere Parzelle, unsere Hütte, meine Mutter, meinen Vater, meine drei größeren Brüder – und Muriel.
„Muriel… was ist nur aus dir geworden?“ Muriel war so lebensfroh, so energiegeladen, so voller Drang, die Welt zu sehen, sie war nicht so wie die Anderen. Mir wurde flau um mein im Gegensatz zu Maeglin unglaublich kurzzeitig schlagendes Herz und Trauer tat sich in mir auf. Fast 15 Jahre war meine Flucht her, 15 Jahre sind in das Land gezogen, ohne dass ich jemals nach meiner geliebten Schwester schaute, es wagte, unserem Hof, ja überhaupt den Feuerwäldern nahe zu kommen.
Ich war groß geworden, fast 5,9 Fuß maß ich, aus dem einst so kleinen und ängstlichen Lorano war ein mit der Natur vereinter, erwachsener Fandras geworden. Ich beschloss, meiner Angst und Wut vor den Kreaturen des schamlosen Tötens der von Gott geschenkten Pflanzen ins Auge zu blicken und mich diesem alten, trotz aller Stunden der Besinnlichkeit und Meditation in mir ruhenden, Trauma zu stellen.
So zog ich, geleitet von des Wolfes Schweife, gen Westen, direkt auf meine Geburtsstätte zu, ich durchwanderte bekannte, doch auch schon bald mir unbekannte Gebiete, in denen ich vielleicht vor 15 Jahren planlos irrte. Die Flora änderte sich rasch und ich stand alsbald vor den alten, mir durchaus bekannten Schwarzbäumen, Eichen und Buchen, die ich auch als Kind so oft sah. Nur zu gut erkannte ich schon von Ferne, sofern es die mannshohen Farne zuließen, den Steinwall, der das Ende einer Parzelle markieren sollte. Und schon bald, viel zu schnell, stoppte mein guter, alter Freund und setzte sich wartend zwischen einen Baum und seinen durch eine oder zwei Äxte getrennten Stumpf. Die nächsten hundert Fuß, die mir eher wie Tausende vorkamen, waren wie ein Gang durch mein Leben. Und mit jedem Schritt erinnerte ich mich an einen Teil aus meiner Kindheit, an die schönen Stunden mit Muriel zwischen Wurzeln und Erdlöchern, und an die schwarzen Stunden, in denen wir gepeinigt.
Doch als man mir die Tür unseres Hauses öffnete, nachdem ich aus der Ferne keinen Bewohner desselben ausfindig machen konnte, war es nicht mein Vater, der mir entgegen blickte. Es war auch nicht meine Mutter oder ein jemand anderer aus meiner Familie. Vor mir stand ein mir völlig unbekannter Mann.
Nachdem solche Begrüßungsfloskeln wie das gegenseitige Mustern, das Naserümpfen und der ausbleibende Handgruß stattfanden, erfuhr ich schnell, was in diesen 15 Jahren vorgefallen war.
Immer weiter durch die wachsenden Steuern und Pacht an das Existenzminimum gedrängt, musste meine Familie die Parzelle verlassen, sie hatte wohl nicht genug Arbeitskräfte, um der Nachfrage standzuhalten. Auf meine Frage an den Mann, ob er wisse, wo die Familie Baun, ich vermeide es, sie als meine Familie zu bezeichnen, infolge der Aufgabe des Betriebs hinzog, konnte mir der Mann keine Antwort geben. Er hätte nur eines Tages, nach Anfrage eine Parzelle bewohnen und bearbeiten zu dürfen, eben diese zugewiesen bekommen.
Ich verabschiedete mich zwar dankend für die Informationen, doch wütend in meinem Herzen, der Geruch von totem Holz hatte lange genug in meiner Nase gerastet. Bevor ich zu Maeglin zurückkehrte, schaute ich mich ein letztes Mal um und schwor, niemals in meinem Leben wieder an diesen Ort zurückzukehren. Obgleich mir mein Lehrer durch seine elfische Art Ruhe lehrte, wächst mein Zorn noch heute zu erschreckendem Maße, treffe ich einen Fäller des Holzes, einen Mörder der Natur, einen Schänder der Gabe der Götter, an.
Zurück in der Hütte von Maeglin, die auch meine Wohnung war, dachte ich lange über das mögliche Leben meiner Schwester nach, über das, was wohl passiert war und ist.
Mein Entschluss, meine Folgerung aus dem Grübeln der Nacht, tat ich meinem Freund Maeglin am folgenden Morgen mit. Und obwohl mein Entschluss mit dem Verlassen des vertrauten Heims, meines Zuhauses, zusammenhing und die körperliche Entfernung von meinem Lehrer, Vater und Freund, Maeglin Súrion, schien dieser eher zufrieden und glücklich, als enttäuscht und betrübt über meine Entscheidung. Seine Worte, dass er gerechnet habe mit diesem Entschluss schon seit langer Zeit und er den gleichen Entschluss an Stelle meiner getroffen hätte, werden mir mein Leben lang in Erinnerung bleiben.
So war ich frei, gesegnet, auf das Leben vorbereitet und mit dem Wunsch, meine Schwester wiederzufinden, verließ ich die Kernwälder und die Kadamark. Der Ring aus dem Holz einer Buche des Gartens von Maeglin Súrion, der fortan meinen linken Ringfinger ziert, ist das letzte Geschenk, das mir mein Lehrer machte.
Ich bin weit gewandert, durch manche Städte bin ich gezogen und manche habe ich großzügig umrundet, immer in den Gedanken, dass wenn ich meine Schwester wiederfinden sollte, sie irgendwo da draußen, in dieser großen Welt sein sollte.
Und in der Hoffnung, dass diese Abenteuerin, deren glänzende Augen sich niemals trübten, war das Wetter auch noch so schlecht, sich entfernen konnte von den Fängen der Ungerechtigkeit und sie auswanderte, in die Teile Tares‘, zu denen ihr Herz immer fliegen wollte, suche ich nach ihr überall dort, wo auch meine Beine mich hintragen.

Ihr wolltet wissen, wie ich auf dieses Schiff nach Siebenwind gelangte? Nun solltet Ihr es wissen.

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